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Offener Machtkampf wie zu Frauke Petris Zeiten

Nach der Entscheidung, Kalbitz die Mitgliedschaft zu entziehen, ziehen seine Anhänger gegen Parteichef Meuthen ins Feld. Unterstützung erhalten sie von Fraktionschef Gauland

Von Sabine am Orde

Nach dem Rauswurf des bisherigen Brandenburger Landes- und Fraktionschefs Andreas Kalbitz aus der AfD haben seine Unterstützer aus dem Umfeld des „Flügels“ Parteichef Jörg Meuthen offen den Kampf angesagt. „Die Spaltung und Zerstörung unserer Partei werde ich nicht zulassen – und ich weiß, dass unsere Mitglieder und unsere Wähler das genauso sehen wie ich“, sagte Björn Höcke, Thüringer Landes- und Fraktionschef, am Wochenende in einem Video. Er sprach von „Verrat“ – und nannte Meuthen und die stellvertretende Parteichefin Beatrix von Storch namentlich. Höcke und Kalbitz sind die Anführer des inzwischen offiziell aufgelösten „Flügels“, den der Verfassungsschutz im März als rechtsextrem eingestuft hat.

Der AfD Bundesvorstand hatte am Freitag mit knapper Mehrheit von sieben Stimmen – darunter auch jene von Meuthen und von Storch – Kalbitz die AfD-Mitgliedschaft aberkannt, weil er bei seinem Parteieintritt im Jahr 2013 seine frühere Mitgliedschaft in der Neonazi-Organisation Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ) und bei den Republikanern, die damals vom Verfassungsschutz beobachtet wurden, nicht angegeben hatte.

Kalbitz, bislang selbst Mitglied im Bundesvorstand, räumt sein Engagement bei den Reps ein, bestreitet aber weiter, HDJ-Mitglied gewesen zu sein. Er hat angekündigt, auf allen Ebenen juristisch gegen den Beschluss, der auf Antrag von Meuthen gefasst wurde, vorzugehen. In einem Video rief er seine Anhänger auf, in der Partei zu bleiben.

Allerdings ist der Aufnahmeantrag von Kalbitz aus dem Jahr 2013 bei der AfD nicht mehr auffindbar, wie die FAS zuerst berichtete. Damit fehlt das Dokument, das Kalbitz’Vergehen belegen soll. Es soll aber Zeugen aus der Zeit geben, die sein Fehlverhalten bestätigen. Auch der eigentliche Beleg für Kalbitz’HDJ-Mitgliedschaft liegt der AfD nicht vor. Nach einem Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz war nicht nur Kalbitz, sondern seine ganze Familie Mitglied in der HDJ.

Andreas Kalbitz’Aufnahmeantrag, also das Dokument, das sein Vergehen belegen soll, fehlt

„Für eine gerichtliche Auseinandersetzung sehe ich schwarz“, sagte Parteivize Stephan Brandner, der auch Bundestagsabgeordneter aus Thüringen ist, am Rande der Vorstandssitzung. Brandner hatte, wie auch Alice Weidel und Meuthens Co-Chef Tino Chrupalla, gegen den Antrag gestimmt und dabei formal argumentiert: Eine weitere juristische Prüfung wäre nötig gewesen. Auch Meuthen betonte, es sei um eine rechtliche, nicht um eine politische Frage gegangen. Er habe auch keinen Anlass, nun auch gegen Höcke vorzugehen. Das aber hat die „Flügel“-Anhänger keineswegs milde gestimmt.

Brandner war einer der Ersten, die Meuthen am frühen Freitagabend eine Kampfansage machten. „Ich meine, wir brauchen nun dringend und kurzfristig einen Bundesparteitag, wo jedes BuVo-Mitglied seine Gründe für die Entscheidung darlegen kann“, twitterte er. Viele ähnliche Aufrufe folgten. Unter Hashtags wie #MeuthenMussWeg und Sprüchen wie „Wir stehen zu Andreas Kalbitz“ fordern sie eine außerordentliche Bundesvorstandswahl. Die Landesspitzen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg haben sich unterdessen hinter Kalbitz gestellt. Und im Netz kursiert sogar ein Aufruf, der fordert, Meuthen wegen parteischädigenden Verhaltens gleich ganz aus der Partei zu schmeißen.

Dass „Flügel“-Männer wie die Bundestagsabgeordneten Jürgen Pohl und Frank Pasemann gegen Meuthen zu Felde ziehen, ist wenig überraschend. Aber auch Fraktionschef Alexander Gauland hat sich offen gegen diesen gestellt: Die Entscheidung sei „falsch und gefährlich für die Partei“, sagte Gauland, der auch Ehrenvorsitzender ist. Der scharfe Ton, mit dem AfD-Chef Chrupalla seinen Co-Vorsitzenden angeht, lässt aufhorchen. „Auch in der innerparteilichen Auseinandersetzung müssen rechtsstaatliche Grundsätze Bestand haben“, twitterte Chrupalla. „Wer sie mit Füßen tritt, nur um auf diese Weise innerparteilichen Gegnern zu schaden, verbrüdert sich mit dem politischen Gegner.“ Das erinnert an Auseinandersetzungen in der AfD-Spitze am Ende der Amtszeiten von Bernd Lucke und Frauke Petry. Beide scheiterten als Parteichefs und verließen die AfD. In der Partei tobt nun ein offener Machtkampf.

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