Apps gegen Corona-Ausbreitung: Bitte ohne Zwang und ohne Google

Handy-Tracking ist eine gute Idee. Allerdings sollte es den Menschen nicht ersetzen, nicht alle haben ein Smartphone.

Eine Frau mit Atemschutzmaske schaut auf ihr Smartphone

Handy-Tracking: Datenschutz ist Voraussetzung Foto: Steve Taylor/ZUMA/imago images

Menschen sind ganz schlechte Zeugen. Sie haben Erinnerungslücken von klein bis groß, verwechseln Dinge und lügen auch mal bewusst. Wer also darauf setzt, eine positiv auf Sars-CoV-2 getestete Person danach zu fragen, wen sie in den vergangenen 14 Tagen getroffen hat, und das als Grundlage dafür zu nehmen, Kontaktpersonen zu finden – na ja. Der wird wohl ziemlich viele Kontakte übersehen.

Handy-Tracking liegt also nahe. Geht schnell, ist digital, also gefühlt fortschrittlich, und andere Länder von Israel bis China machen das ja auch. Und andere Länder – wie Israel und China – scheren sich dabei so gar nicht um die Privatsphäre der Bevölkerung. Dabei müssen Corona-Tracking und Datenschutz kein Widerspruch sein.

Das haben, angelehnt an eine App für Singapur, drei Autoren, unter ihnen der Berliner Richter Ulf Buermeyer auf netzpolitik.org, dargelegt. Dort sind ein paar wichtige Gedanken drin, unter anderem: Die Funkzellen, also die Mobilfunk­daten, für ein Tracking zu nutzen ist Quatsch. Denn die sind viel zu grob. Das würde dazu führen, dass etwa alle in derselben U-Bahn gefahrenen Personen als Kontaktpersonen unter Quarantäne gestellt werden – die meisten überflüssigerweise.

Auch Innenraum-Tracking leisten die Mobilfunkdaten nicht: Wenn zum Beispiel eine infizierte Person im ersten Stock war, wären auch alle, die sich in den Stockwerken 2 bis 15 aufgehalten haben, Kontaktpersonen. Deshalb schlagen die Autoren eine Erfassung über Bluetooth vor.

Klug, denn die kommt zum Zuge, wenn sich Personen – also: deren Mobiltelefone – nahe kommen. Es ließen sich also echte Kontakte ermitteln. Und das, etwa durch eine ständig wechselnde ID und ein paar andere Tricks, auch noch sehr privatsphärefreundlich.

Natürlich sind noch ein paar mehr Punkte wichtig: So eine App muss auf Freiwilligkeit beruhen. Sie sollte open source sein, sodass überprüfbar ist, dass sie tatsächlich nur das macht, was sie machen soll. Es muss einen Installationsweg am Google-Play-Store und an Apples iTunes vorbei geben, beispielsweise über die Internetseite des Robert-Koch-Instituts.

Schutz gegen Trolle nötig

Es braucht eine Lösung, damit Menschen ihr Testergebnis wahrheitsgemäß eingeben – und nicht Trolle das System mit unechten positiven Meldungen überschwemmen. Und das Tracking darf den menschlichen Zeugen, so unzuverlässig er ist, nicht ersetzen, schließlich gibt es genügend Menschen ohne Smart­phone. Und mindestens ebenso wichtig ist, die Testkapazitäten deutlich zu steigern. Denn wenn alle, die einen App-Alarm bekommen, ohne Test in Quarantäne sitzen, wird die Nutzung ziemlich unattraktiv.

So eine App wird nur dann erfolgreich sein, wenn die Menschen sie für vertrauenswürdig halten. Datenschutz ist dafür die Voraussetzung.

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schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.

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