Rechte Gewalt in Brandenburg: Keine Entwarnung

2019 erlebt Brandenburg weniger rechte Angriffe als im Vorjahr. Immer mehr Minderjährige sind betroffen.

Bei einer Demo gegen Rechtsextreme in Potsdam Foto: dpa

Die Zahl rechter Angriffe in Brandenburg ist zurückgegangen. 2019 registrierte die Beratungsstelle Opferperspektive Brandenburg 142 rechte Gewaltdelikte, 32 weniger als im Vorjahr. Für die Opferperspektive ist dies allerdings kein Grund zur Entwarnung. „Wir stellen trotzdem fest, dass die Bedrohungslage enorm angestiegen ist, und wir hören mittlerweile in jedem Beratungsgespräch, dass Menschen sich in Brandenburg und Deutschland nicht mehr sicher fühlen“, sagte Geschäftsführerin Judith Porath am Donnerstag in Potsdam bei der Präsentation der Jahresstatistik.

Rechte Bedrohungen könnten „jederzeit und überall passieren“, so Porath. Berichtet werde von Angriffen im Wohnumfeld, in Verkehrsmitteln, am Badesee, beim Einkaufen oder auf der Arbeit. Die Beratungsstelle registrierte im Vorjahr 242 direkt von rechter Gewalt betroffen Menschen. Hauptmotiv war Rassismus.

Laut Opferperspektive richtet sich rechte Gewalt zunehmend gegen Jugendliche und Kinder. 2019 waren 39 Prozent der Betroffenen minderjährig. 2018 waren es 20 Prozent. „Diese Zahl sticht auch im bundesweiten Vergleich heraus“, sagte Berater Joschka Fröschner. „Meist sind die Täter*innen erwachsen, es handelt sich also nicht um Auseinandersetzungen unter Gleichaltrigen.“ In Templin sei ein zweijähriges Kind von einer Nachbarin geschlagen worden. In Wittstock wurde eine Familie mit Baby mit einer Flasche beworfen, in Eberswalde wurden Schüler*innen geschubst und rassistisch beleidigt. „Diese Taten wirken in die ganze Familie hinein, Eltern sind verängstigt und machen sich Vorwürfe“, sagte Fröschner. Teils würden die Kinder in Gegenwart der Eltern angegriffen, hier falle „ein gesellschaftliches Tabu“.

Schwerpunkte: Uckermark, Oberhavel

Schwerpunkte rechter Gewalt sind nach Statistik der Opferperspektive die Landkreise Uckermark und Oberhavel sowie die Städte Cottbus und Potsdam. Die Täter*innen seien oft nicht in der rechten Szene organisiert. „In Prenzlau zum Beispiel stand ein Täter mit einem zutiefst rassistischen Weltbild für einen Angriff auf Geflüchtete vor Gericht. Er hatte Zugang zu Waffen und war zuvor nicht als Rechtsextremist aufgefallen“, sagte die für Nordbrandenburg zuständige Beraterin Anne Brügmann. „Es braucht wenig Fantasie, um sich einen Anschlag wie in Hanau auch in Brandenburg vorzustellen.“

Die Opferperspektive fordert eine unabhängige Polizeibeschwerdestelle, An­sprech­part­ner*innen für Betroffene rechter Gewalt bei der Justiz und eine deutliche Abgrenzung der Landesregierung nach rechts.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.