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Einreisestopp mit Kettenreaktion

EU reagiert empört auf Trumps Dekret. Der transatlantische Handel wird leiden. Corona-Krisenmanagement bleibt jedoch auf beiden Seiten mangelhaft. EU-Finanzminister treffen sich erst Anfang nächster Woche

Aus Brüssel Eric Bonse

Der von US-Präsident Trump verhängte Einreisestopp für Europa hat zu einem Temperatursturz in den transatlantischen Beziehungen geführt. Die EU reagierte empört und sprach von einer unnötigen, einseitigen Maßnahme. US-Präsident Donald Trump wolle von seinem eigenen Versagen in der Coronakrise ablenken, hieß es in Brüssel.

Allerdings dauerte es mehrere Stunden, bis sich Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel zu einer gemeinsamen Stellungnahme durchringen konnten. „Die Europäische Union missbilligt die Tatsache, dass die US-Entscheidung eines Einreisestopps einseitig und ohne Rücksprache getroffen wurde“, hieß es dann. Das Coronavirus bedeute „eine globale Krise, die nicht auf einen Kontinent begrenzt ist und Zusammenarbeit statt einseitiger Aktio­nen nötig macht“, betonten die beiden EU-Spitzen. Der Präsident der USA habe die EU vor seiner Entscheidung nicht konsultiert, sagte ein Diplomat. Dass er Großbritannien ausdrücklich von seinem Einreisebann ausnehme, sei unverständlich.

Von dem Einreiseverbot sind bislang nur die 26 Staaten des Schengenraums betroffen. Ausgenommen sind neben Großbritannien auch Nicht-Schengen-Länder wie Kroatien oder Bulgarien. Die EU hat sich bisher bemüht, die Schengengrenzen offen zu halten. Zuletzt hatten jedoch Österreich und die Slowakei die Grenze zu Italien abgeriegelt.

Trumps Reiseverbot könnte nun eine Kettenreaktion in Europa auslösen – vor allem Deutschland wehrt sich gegen Grenzschließungen. Befürchtet wird, dass über den Flugverkehr auch der transatlantische Handel getroffen wird. Die Wirtschaft dürfe nicht leiden, betonte Michel. Doch genau das könnte nun ein­treten.

Wenn überhaupt, dann dürfte die EU erst in der kommenden Woche mögliche Gegenmaßnahmen prüfen. Am Montag und Dienstag treffen sich die EU-Finanzminister in Brüssel. Sie wollen sich eigentlich mit einem Anti-Krisen-Plan befassen, den die EU-Chefs am Dienstagabend in einer Videokonferenz skizziert hatten.

Der US-Präsident hat einen wunden Punkt getroffen: die mangelnde Zusammenarbeit der EU-Staaten im Kampf gegen die Coronakrise. Jedes Mitgliedsland macht, was es will, eine klare Linie ist nicht erkennbar. Während Italien das Land abgeriegelt hat, herrscht in Deutschland noch vielfach „Business as usual“.

Auch die Frage der Schulschließung spaltet die EU. „Wenn in Polen Schulen geschlossen werden, dann sollten wir das in Deutschland zumindest in Gebieten mit hohen Corona-Fallzahlen auch tun“, fordert der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese. Einige Mitgliedstaaten reagierten noch immer nicht angemessen auf die Krise, klagt der gesundheitspolitische Sprecher der konservativen EVP-Fraktion.

Besonders wütend ist Liese aber auf Trump: „US-Präsident Trump versucht, von seinem eigenen Versagen bei der Bekämpfung des Coronavirus abzulenken.“ Aus medizinischer Sicht sei nicht nachvollziehbar, wenn sich ein Einreiseverbot nur auf die Länder des Schengenraums bezieht, so Liese: „In Großbritannien gibt es bereits deutlich mehr Todesfälle durch das Coronavirus als in Deutschland.“

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