Gesperrte Golfplätze: Fantasierte Schläge

Golf ist das perfekte Spiel für die Corona-Tage. Leider ist es ein Sport und deshalb sind die Anlagen geschlossen. Was bleibt, ist die Hoffnung.

Ein Golfer blickt seinem Ball hinterher

Golfpause – von Jason Day wird es so schnell keine solchen Bilder mehr geben Foto: Chris Carlson/ap

Beim Golf zuschauen ist Spaß. Golf spielen ist Erholung. Daran zu arbeiten ist Golf.“ (Bob Hope, Entertainer)

Und wenn, wie zurzeit, kein Golf ist, ohne absehbare Hoffnung auf Änderung, Mr. Hope? Gerade sollte es wieder losgehen mit den großen Turnieren, den Majors. Über das Osterwochenende wollte sich die Schwungelite in Augusta, Georgia, bei den 84. Masters die Ehre geben. Seit Wochen waren die Greenkeeper mit Nagelscheren auf der Jagd nach schief wachsenden Grashalmen und mit sanften Walzen gegen Boden-Eruptionen von Regenwürmern. Dann kam Corona, und auch im Golf ruht alles.

Nicht nur bei den Profis. Wir Hobbyspieler hier im Dreiländereck bei Aachen haben vor zwei Wochen ein dramatisches Hase-und-Igel-Rennen erlebt. Endlich Sonne nach vier Wochen Dauerregen, die Schläger litten schon an Einsamkeit und Rostbefallgefahr. Dann der Schreck aus dem Nichts: Belgien nebenan, wo mein Club liegt und meine Ausrüstung im Spind wartet, schließt wegen Corona alle Sportanlagen. Gilt auch für Golfplätze, denn unser Spiel ist ja Sport.

Ach, hätten doch die LeugnerInnen recht! Denen müssen wir immer von den 1.500 weggeschwitzten Kilokalorien pro Runde bei 14.000 Schritten erzählen. Und vom Wettkampfthrill.

Die Lösung: Schläger eilig über die Grenze holen, bevor die womöglich geschlossen wird. Denn hier hatten Anfang vergangener Woche die Plätze noch auf; weil aber die Infrastruktur schon heruntergefahren war, nicht mehr für GastspielerInnen. Kaum will man um Ausnahmen betteln, kam der Shutdown auch hier. Alles dicht.

Frankophile Schnösel

Rettung in Holland? Der Golfclub Voerendaal nebenan, entdeckt einer von uns abends, hat keinen Hinweis auf der Website. Da rufen wir morgen früh aber mal an! Am nächsten Morgen war alles zu. Auch in den Niederlanden waren vor zehn Tagen Sportanlagen amtlicherseits geschlossen worden, einzelne Clubs hatten sich nicht angesprochen gefühlt. Die rügte dann der Verband, appellierte an die Solidarität: untereinander und gegenüber anderen Sportarten.

Ja, das Vergleichsdilemma: Offene Golfplätze hier, gleichzeitig geschlossene Fußballplätze und Schwimmhallen dort, das hätte heftig Jammer, Neid und Klage ausgelöst. Motto: Typisch, die reichen Schnösel können machen, was sie wollen, während wir bewegungsgebremst darben. Nur, warum ist eigentlich der kleine Boule-Platz neben dem großen Kinderspielplatz gegenüber vom Ordnungsamt nicht abgeflattert worden? Und tatsächlich, schon kommen zwei. Diese frankophilen Schnösel!

Außer Solojoggen ist kein Sport so coronakompatibel wie Golf. Man ist an der frischen Luft, social distancing gelingt mühelos und man berührt nichts Fremdes, also ist selbst theoretische Kontakt­infektion über Gegenstände quasi ausgeschlossen. Golf ist nichts anderes als Spazierengehen mit einer Tasche auf dem Rücken und ab und an einem Eisenknüppel in der Hand. Und Golfplätze sind Wanderwiesen, nur eben mit ein paar Fahnenstangen zwischendurch.

Letzte Idee: Golf statt im gesperrten Clubgelände auf der brachen Wiese des Bauern nebenan. Klassisches Crossgolf also. Wie das wohl wirkt, ob wir dürften? Wir lassen es bei der Idee. Stattdessen gehen wir jetzt ohne Ausrüstung spaziergolfen und fantasieren uns die Schläge dazu. Nie gab es so erfolgreiche Runden.

Aus dem Abc der Vorurteile – heute F wie Four: Schreien Leute angeblich auf Golfplätzen. Wahr ist: Sie rufen möglichst laut FORE. Klingt gleich und meint: Ball auf Abwegen, Vorsicht, Gefahr, schnell ducken, Hände über den Kopf. FORE bedeutet: Flying Object Reaching Earth. Nur, derzeit sind halt andere unsichtbare Flugobjekte unterwegs. Manche ihrer Skizzen kommen einem Golfer wie gemeine Karikaturen seiner Bälle vor. Schreien wir dem herumschwebenden Virus HOAP entgegen: Hovering Objects Attacking People.

Es klingt im Englischen wie Hope.

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Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).

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