Klimaschädlicher Biokraftstoff: Boom mit Nebenwirkungen
Als öko gelten Biokraftstoffe längst nicht mehr, trotzdem landet immer mehr Soja- und Palmöl in Europas Autotanks. Umweltverbände fordern eine Umkehr.
epd | Umweltverbände aus Europa fordern das Ende von Biokraftstoffen. Diese Treibstoffe seien bis zu dreimal klimaschädlicher als fossile Kraftstoffe, sagte der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Sascha Müller-Kraenner, am Dienstag in Berlin. Er verwies dabei auf eine gemeinsame Studie mit der Rainforest Foundation Norway. In der Analyse „Öl ins Feuer“ werden die Auswirkungen des Biokraftstoffbooms auf die Erde untersucht.
Demnach geht der Anbau von Biomasse zur Verwendung als Biokraftstoff oft mit Entwaldung und der Verödung von Böden einher. Dennoch boomten die Biokraftstoffe, kritisierte Müller-Kraenner. 90 Prozent des globalen Anstiegs der Nachfrage nach Pflanzenölen seit 2015 entfallen auf Biokraftstoffe. Allein die EU verbraucht demnach jährlich vier Millionen Liter Palmöl, um es Biodiesel beizumischen. 60 Prozent des in die EU importierten Palmöls landen im Tank.
Biokraftstoffe seien von der Politik lange als Lösung gefördert worden, sagte Anahita Yousefi von der Rainforest Foundation Norway: „Doch wie unser Bericht zeigt, verursacht die Verwendung von Pflanzen wie Soja- und Palmöl für Biokraftstoffe massive Abholzungen der Tropenwälder und die Zerstörung von Torf und verstärkt damit Klimagasemissionen sowie den Verlust von Artenvielfalt.“
In den vergangenen zwei Jahrzehnten habe die erhöhte Produktion von Palm- und Sojaöl zu einem massiven Verlust von Tropenwald geführt, sagte Yousefi. Abgesehen von einer schlecht durchdachten Biokraftstoffpolitik zerstöre der massive Anbau von Ölpflanzen die biologische Vielfalt und schüre Konflikte mit der lokalen, oft indigenen Bevölkerung.
Ausstieg aus der Biokraftstoffproduktion
Laut Umwelthilfe-Geschäftsführer will die EU trotzdem noch weitere zehn Jahre Palmöl im Biodiesel erlauben und den Einsatz anderer Agrarrohstoffe wie Soja- und Rapsöl nicht verringern. Einzelne EU-Mitglieder wie die Niederlande oder Österreich planten allerdings einen vorfristigen Ausstieg aus der Biokraftstoffproduktion.
Deutschland als größter Hersteller von Biodiesel in der EU sollte dem folgen, forderte Müller-Kraenner. Im Jahr 2018 habe importiertes Palmöl 21 Prozent des Rohstoffs für den Biodieselverbrauch hierzulande ausgemacht.
Leser*innenkommentare
4813 (Profil gelöscht)
Gast
So ist es, wenn man gegen den gesunden Menschenverstand handelt. Einen Experten fr Blödsinn bekommt man immer. Selber denken wird nicht so gerne gesehen.
Warum ich das schreibe? Weil Pflanzen maximal 1,5% des Sonnenlichtes in Biomasse umsetzen. Da kann sich jeder selber ausrechnen, warum Biomasseanbau zur Energiegewinnung Blödsinn ist. Natürlich nicht für unsere CDU wählenden Bauern.
Bernhard Hellweg
Der Wirkliche Grund des Palmöl- und Soja-Booms
Pele
Das war einer der grössten Fehler Hermann Scheers und der 1. Energiewende, damit hatte er die ganzen Umweltverbände gegen sich. Einfach ein Fiasko, manche nennen es auch Ökozid.
REW2003
@Pele Bei der Entwicklung der Energiewende-Konzepte in den Neunziger Jahren (u.a. EEG) war noch nicht absehbar, welche der erneuerbaren Energien sich ökologisch und ökonomisch durchsetzen würden. Das EEG war daher auch als Instrument zur Technologieentwicklung angelegt. Dass Energieerzeugung aus extra dafür angebauten Feldfrüchten keine sinnvolle Option ist, wurde früh klar. Es hätte damals konsequent nachgesteuert werden müssen. Dieses Nachsteuern erfolgte bis heute nicht, u.a. wegen Lobbying des Bauernverbands. Hermann Scheer kann man das nun wirklich nicht anlasten.
Pele
@REW2003 Danke, endlich mal jemand der darauf eingeht. In den Neunzigern gab es Flächenstillegeprämien wegen Überkapazitäten in der Landwirtschaft. Heute ist es so, das wir nicht nur Biokraftstoffe importieren, sondern auch die Fläche, auf denen Biokraftstoffe anbauen, anschliessend durch Sojaimporte ausgleichen. Dazu nimmt die Fruchtbarkeit der Böden kontinuierlich ab und Kohlenstoff soweit noch vorhanden wird immer weiter ausgepflügt. Mehr als die Hälfte der Energie die heute EE's ausmachen ist Biomasse. Ich bin darin auch jedes mal hin-und hergerissen ohne Scheer keine Energiewende, mit Scheer riesige Patzer. Die in allen Kommunikationsforen mit einer Selbstherrlichkeit und Chauvinismus verteidigt werden. Das ist ganz schön böse.
Der nächste grosse Patzer ist die Fokussierung der Energiewende weg von internationalen dezentralen Energiemärkten, womit er im Endeffekt die Abhängigkeit von fossilen Energiemonopolen zementiert hat. Heute sind wir laut BMWi bei einem Anteil an der Gesamtenergieerzeugung von etwa 1,4% an PV und etwa 3% an Windkraft.
D- wird sich nie(!!) Energieautark selbst versorgen können, das ist die zweite falsche Grundannahme. D- erzielt mittels Energiesteuern 40 Mrd. jährlich, die Umverteilung der EEG-Umlage macht da nur einen kleinen Teil aus und ist eine zusätzliche Verbrauchssteuer, die die Leute natürlich trotzdem nicht ärmer macht. Was wir brauchen ist ein neuer Masterplan wie seinerzeit die "solare Weltwirtschaft", nur diesmal steht im Vorwort: "Wir haben keine Zeit mehr! Wenn wir Glück haben, schaffen wir es die Klimakatastrophe glimpflich zu überstehen. Die Arktis taut und entlässt gigantische Mengen an Methan in die Atmosphäre..." Was ich also Scheer und auch dem UBA, dem FSI vorwerfen muss, ist mangelnde Technikfolgenabschätzung. Der Politik bleibt vorzuwerfen, dass sie endlich aufhört parteipolitisch gegeneinander zu taktieren und sich fraktionsübergreifend zusammensetzt. Bei zu erwartenden 15-20° kann sogar die Ostantarktis abschmelzen.
Thomas Fluhr
Was ist denn in dem Biobenzin drin?
4813 (Profil gelöscht)
Gast
@Thomas Fluhr Für Benzin wird Getreide zu Ethanol gewandelt. Sie verheizen im Auto ein Brot auf 100 km.
Bei E5 nur ein halbes.
REW2003
@Thomas Fluhr Benzin/Super enthält 'Bio'-Ethanol, daher auch die Bezeichnung E10 für 10% Ethanol-Anteil in Benzin/Super.
Diesel enthält Fettsäuremethylester (aus Palmöl, Raps, ...).