: Scheidung schlecht für Frauen?
Eine traditionelle Rollenverteilung macht sich auch bei der Rente bemerkbar. Der Versorgungsausgleich soll finanzielle Nachteile bei einer Scheidung wettmachen – das klappt nicht immer. Nun entscheidet Karlsruhe
Wenn die Liebe endet, geht es oft auch ums Geld: Wer bekommt bei der Scheidung wie viel? Und wie gut ist man damit für die Zukunft abgesichert? Eine wichtige Rolle spielt dabei die Aufteilung der Altersversorgung. Am Dienstag verhandelte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe darüber. Im Raum steht der Verdacht, dass vor allem Frauen bei der Berechnung ihrer Ansprüche in bestimmten Fällen systematisch benachteiligt werden.
Bei einer Scheidung werden alle Anrechte aus der Zeit der Ehe als gemeinschaftliche Lebensleistung betrachtet und grundsätzlich zu gleichen Teilen gesplittet. Das nennt sich Versorgungsausgleich. Ausnahmen gibt es nur in bestimmten Fällen, zum Beispiel wenn die Ehe keine drei Jahre gehalten hat oder die Partner etwas anderes vereinbart haben. Das soll Ungerechtigkeiten beseitigen. Denn bei vielen Paaren bekäme der Mann als Hauptverdiener sonst viel mehr Rente als seine Frau, die sich vielleicht jahrelang zu Hause um die Kinder gekümmert hat.
Wie die Rentenansprüche aufgeteilt werden, legt das Familiengericht im Scheidungsurteil fest. Im Ergebnis bekommt der Partner mit den ursprünglich höheren Anrechten weniger Rente und der andere mehr. Am Versorgungsträger ändert sich meistens nichts. Sind zum Beispiel beide bei der Deutschen Rentenversicherung, wird dort einfach neu berechnet, wer im Alter wie viel bekommt. Das nennt man interne Teilung. Die Probleme, um die es in Karlsruhe geht, tauchen bei der sogenannten externen Teilung von Betriebsrenten auf.
Dabei bekommt die Ex-Frau ihr Geld nicht automatisch vom selben Versorgungsträger, bei dem der Mann seine Rente hat. Die Ansprüche dürfen ausgelagert und an eine andere Unterstützungskasse übertragen werden – auch gegen den Willen der Frau. Der Gesetzgeber wollte damit die Träger der betrieblichen Altersversorgung entlasten.
Doch weil die Zinsen in den Keller gegangen sind und sich der Träger, der die Anrechte übernimmt, am aktuell niedrigen Marktzins orientiert, wirkt sich das negativ auf die Rentenhöhe aus.
Das Oberlandesgericht Hamm hält dies für verfassungswidrig. Die Richter haben deshalb ein Scheidungsverfahren ausgesetzt, um das Versorgungsausgleichsgesetz in Karlsruhe prüfen zu lassen. Betroffene müssen nach Berechnungen, die das OLG Hamm zitiert, Abschläge von weit mehr als 50 Prozent in Kauf nehmen. In einem Fall blieben zum Beispiel von 696,70 Euro im Monat nur 284,93 Euro übrig. Die Richter gehen davon aus, dass zwischen 2009 und 2017 mindestens 90 Prozent aller Geschiedenen mit einer externen Teilung dadurch negative Folgen hatten.
Vertreter der Bundesregierung betonten, mit der fraktionsübergreifend beschlossenen Gesetzesreform zum Versorgungsausgleich von 2009 sei mehr Gerechtigkeit geschaffen worden. Der Halbteilungsgrundsatz sei mit der Aufteilung des Kapitals eingehalten. Die Richter des Ersten Senats unter Vorsitz von Stephan Harbarth stellten zahlreiche kritische Nachfragen. Bis zum Urteil des Verfassungsgerichts dürften mehrere Monate vergehen. (dpa)
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