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Nach dem Urteil: Bundestag ist wieder am Zug

Befürworter wie Kritiker des Verbots sehen die Notwendigkeit einer raschen Neuregelung

Aus Karlsuhe Christian Rath

Der Bundestag muss sich bald wieder mit der geschäftsmäßigen Suizidhilfe beschäftigen. Dafür sprachen sich in Karlsruhe sowohl Befürworter als auch Gegner des vom Bundesverfassungsgericht für nichtig erklärten Verbots aus.

Ex-Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) befürchtet, dass das Urteil geeignet ist, einer „Normalisierung der Selbsttötung als Behandlungsoption den Weg zu bereiten“. Sozialstaatssekretärin Kerstin Griese (SPD) sagte: ­„Suizidhilfe darf kein normaler Vorgang werden wie etwa das Verschreiben von Antibiotika.“ Griese hatte 2015 das Gesetz mitformuliert.

Gröhe und Griese wollen nun – nach ausführlicher Analyse des Urteils – ein Gesetz auf den Weg bringen, das vor allem das Verfahren der Suizidhilfe regelt. „Wichtig ist, dass die Dauerhaftigkeit und die Ernsthaftigkeit des ­Sterbewunsches gründlich geprüft wird“, sagte Gröhe nach der Urteilsverkündung.

Auch Katja Keul, Rechtspolitikerin der Grünen, sieht jetzt den Gesetzgeber am Zug. Sie hatte damals, wie die Mehrheit der Grünen, das Verbot abgelehnt. Nun will aber auch sie Anforderungen an Sterbehilfevereine definieren, damit es keinen Wildwuchs gibt. Auf Strafandrohungen könne dabei aber verzichtet werden.

Wichtiger noch ist für Keul, die vom Bundesverfassungsgericht angestoßene Liberalisierung gesetzlich zu vollenden. Insbesondere eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes sei erforderlich, um die Verschreibung von bisher verbotenen Suizidmedikamenten zu erlauben.

Für Rechtsanwalt Wolfgang Putz, der regelmäßig Sterbewillige vertritt, ist die Änderung des Betäubungsmittelgesetzes nicht mehr aufzuhalten. Schließlich habe das Verwaltungs­gericht Köln dem Bundesverfassungsgericht im letzten November genau diese Frage zur Prüfung vorgelegt. Die Kölner Richter halten es für verfassungswidrig, dass der Erwerb von Betäubungsmitteln zur Selbsttötung in Deutschland generell verboten ist.

Roger Kusch, Chef des Suizidhilfe-Vereins Sterbehilfe Deutschland will nun wieder seine Tätigkeit aufnehmen. „Wir können wieder genau so Sterbehilfe leisten wie bis zum November 2015.“ Seit 2010 hatte der Verein rund 250 Mitglieder bei ihrem Suizid unterstützt. Der andere hierzulande aktive Verein, Dignitas Deutschland, will am Montag bekannt geben, wie es weitergeht.