: FDP will der Wahl fernbleiben
Ausgerechnet die FDP-Fraktion will an der Wahl des neuen Thüringer Ministerpräsidenten nicht teilnehmen. Wegen des Corona-Verdachts bei einem CDU-Politiker könnte diese am Mittwoch allerdings ausfallen
Von Sabine am Orde
Die Thüringer FDP-Fraktion will bei der bevorstehenden Ministerpräsidentenwahl den Plenarsaal verlassen. „Wenn Sie dokumentieren wollen, dass Sie beide Kandidaten ablehnen, können Sie an dem Wahlgang nicht teilnehmen“, sagte Fraktions-Sprecher Thomas Philipp Reiter. Die Stimmzettel sähen ja keine Nein-Stimmen, sondern nur Enthaltungen vor.
In die Wahl, die nach dem Rücktritt des FDP-Mannes Thomas Kemmerich erneut erfolgt, schickt Rot-Rot-Grün wiederum den ehemaligen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow von der Linkspartei ins Rennen. Für die AfD tritt Landesparteichef Björn Höcke an.
Der neue Fraktionschef der CDU, Mario Voigt, sieht die Ausgangslage anders als die FDP: „Abgeordnete sind nicht dafür gewählt, sich aus der Verantwortung zu stehlen“, sagte Voigt im MDR. Das gelte „beim Wahlakt und für jede andere sachliche Entscheidung danach auch“ – und sei deshalb „absolut keine Option“. Voigt reagierte damit allerdings nicht auf die Entscheidung der FDP-Fraktion, sondern auf einen Vorschlag des Vorsitzenden der Jungen Union, Tilman Kuban. Dieser hatte die CDU-Abgeordneten zuvor aufgefordert, bei der Wahl den Plenarsaal zu verlassen.
Unterdessen hat Landtagspräsidentin Birgit Keller nicht ausgeschlossen, dass die für Mittwoch geplante Wahl abgesagt werden muss. Der Grund: Ein Abgeordneter der CDU-Landtagsfraktion musste wegen des Verdachts auf eine Infektion mit dem Coronavirus in Quarantäne. „Welche Auswirkungen der Fall auf die morgige Plenarsitzung haben wird, entscheidet sich, wenn die Testergebnisse vorliegen“, so Keller. Bei Redaktionsschluss lagen diese noch nicht vor. Sie sollten am frühen Abend kommen.
Der Abgeordnete war in den Winterferien mit einer Skigruppe in Südtirol gewesen. Ein Mitreisender aus dem Saale-Orla-Kreis ist inzwischen erkrankt. Nach Angaben des Landesgesundheitsministeriums wurden die Laborproben des Abgeordneten am Nachmittag untersucht. Der Politiker hatte nach seinem Urlaub als einer von vier CDU-Abgeordneten an den Verhandlungen mit Rot-Rot-Grün teilgenommen. Noch am Montag war er bei einer Sitzung seiner Fraktion dabei.
Bei einem positiven Testergebnis müssten möglicherweise die gesamte CDU-Fraktion und auch die rot-rot-grüne Verhandlungsgruppe inklusive Ministerpräsidentenkandidat Ramelow in Quarantäne, die Landtagssitzung könnte abgesagt werden. Bei einem negativen Testergebnis kann der Abgeordnete an der Wahl teilnehmen. Bislang zeigt er nach Angaben des Ministeriums keine Symptome.
Am 5. Februar war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich im dritten Wahlgang mit den Stimmen von FDP, CDU und AfD zum Regierungschef gewählt worden, zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik. Dies hatte ein politisches Beben ausgelöst. Kemmerich war kurze Zeit später zurückgetreten, ist aber noch geschäftsführend im Amt.
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