Das Syndikat hat einen Räumungstermin: Last Order: Resistance

Am 17. April droht dem linken Kneipenkollektiv Syndikat die Räumung. Dabei läuft das Berufungsverfahren gegen das Urteil noch.

Syndikat, Meuterei, Kein Haus weniger: linke Kneipenkollektive demonstrieren für den Erhalt ihrer Läden

Christian, Sprecher des Syndikats, lässt Ballons bei der Wir-gehen-steil-Demo im Dezember steigen Foto: Florian Boillot

BERLIN taz | Die Neuköllner Kiezkneipe Syndikat hat einen Räumungstermin. Am 17. April, einem Freitag, soll um 9 Uhr morgens die linke Institution im Schillerkiez rausgeschmissen werden. Das machte das Betreiberkollektiv am Montagabend auf seiner Webseite bekannt. Derzeit läuft nach Angaben der Kneipe noch ein Berufungsverfahren gegen das erstinstanzliche Räumungsurteil, das zugunsten von Eigentümer Pears Global ausgefallen ist. „Damit gerät das rechtsstaatliche Prozedere noch mehr zur Farce als bereits durch die absurden ‚Terrorprozessauflagen‘ in der ersten Instanz“, schreibt das Kollektiv in einem emotionalen Blogeintrag.

Die Neuköllner Kneipe hatte sich nach dem Auslaufen des Mietvertrags Ende 2018 geweigert, die Schlüssel abzugeben, aber seither weiter Miete gezahlt. Zudem hatte das Kollektiv die undurchsichtigen Firmenstrukturen ihres Eigentümers aufgedeckt und dabei nebenbei den britischen Immobilienriesen Pears Global enttarnt. Hinter dem Firmennamen steht eine englische Milliardärsfamilie, die über ein Netz von Briefkastenfirmen mutmaßlich deutlich mehr als 3.000 Wohnungen in Berlin besitzt – genug also, um unter das Ent­eignungsvolksbegehren zu fallen.

Die Durchsetzung der Räumung ist in Berlin offenbar Chefsache. Laut Syndikat ist derselbe Obergerichtsvollzieher für die Räumung zuständig wie für die Friedel 54 im Jahr 2017. Damals hatte ein Aufgebot von 500 Po­li­zis­t:in­nen eine Sitzblockade von rund 150 Personen teils brutal mit Schmerzgriffen aufgelöst. Auch Jour­na­lis­t:in­nen wurden damals zur Seite gedrängt, deeskalierende Vermittlungsversuche und Kompromissvorschläge von parlamentarischen Be­ob­ach­te­r:in­nen scheiterten.

Schon jetzt richtet sich die Kritik des Kollektivs in Richtung des rot-rot-grünen Senats: Der müsse sich allen Sympathiebekundungen zum Trotz fragen, warum er sich zum „Erfüllungsgehilfen großer Investoren macht“, wenn ein massives Polizeiaufgebot die Nachbarschaft abriegle und Protest unterbinde, um den Willen von Pears Global durchzusetzen. „Wir werden den Räumungstermin nicht unwidersprochen hinnehmen, genauso wenig, wie wir dies schon bei unserer Kündigung und der Schlüsselübergabe gemacht haben“, heißt es. Das Syndikat sei als sozialer und politischer Ort „weit wichtiger als die Profitinteressen der Milliardärsfamilie Pears“. Danach werde man handeln.

Kundgebung und Kiezversammlung

An­woh­ne­r:in­nen und Sym­pa­thisant:innen lädt die Kneipe derweil zu einer Kiezversammlung am Donnerstag, den 5. März, ab 19 Uhr ein. Eine Kundgebung ist für dieselbe Uhrzeit am Tag darauf geplant.

Kneipenkollektiv Syndikat

„Werdet aktiv! Das Räumungsjahr 2020 hat begonnen“

Während das Syndikat seit 1985 in der Weisestraße 56 günstig Bier ausschenkt, sind gleich eine Reihe jüngerer und älterer linke Projekte ebenfalls bedroht. So steht etwa der Räumungsprozess der Kreuzberger Kneipe Meuterei am 18. März an. Auch beim queerfeministischen Hausprojekt Liebig 34 soll es eine Entscheidung am 30. April geben. Die Schöneberger Jugendeinrichtungen Potse und Drugstore sind ebenfalls bedroht.

Zusammen mit der Köpi, der Rigaer 94 und weiteren sei man Teil einer stadtpolitischen und emanzipatorischen Bewegung, wie das Syndikat schreibt: „Verbreitet die Nachricht, werdet aktiv! Das Räumungsjahr 2020 hat begonnen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.