Putin spricht über Versammlungsrecht: Der Moskauer Gefängnisbarbier

Verbotene Demos sind verboten: Der russische Präsident offenbart in einem Interview interessante Ansichten zum internationalen Demonstrationsrecht.

Ein Demonstrant wird von zwei Polizisten weggetragen

Protest gegen Putins Verfassungsreform Anfang Februar in St. Petersburg Foto: Anton Vaganov/reuters

Wenn Wladimir Putin seinen Landsleuten die innenpolitische Gemengelage erläutert, ist ein Erkenntnisgewinn garantiert. Am Dienstag äußerte er sich in einem Interview mit der russischen Nachrichtenagentur TASS zum Thema Demonstra­tions­recht. Russland brauche eine Opposition, die leiste immerhin einen positiven Beitrag zum Leben des Landes, sagte er bei dieser Gelegenheit.

Doch dieser vermeintlich positive Beitrag ende eben da, wo Gesetze verletzt würden. Wo käme man denn auch hin, wenn jede(r) meine, auf der Straße sein bzw. ihr Unwesen treiben zu können. „Wollen wir, dass Autos angezündet und Schaufensterscheiben eingeschlagen werden?“, fragte der Staatslenker.

Und dann gab Putin sein geballtes Wissen zum Besten. In fast allen Staaten würden nicht genehmigte Demonstrationen mit Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und einem Jahr bestraft. In Schweden würden nicht autorisierte Protestler sogar bis zu zehn Jahre im Gefängnis verrotten. Und überhaupt: Wer trotz Verbots glaube, seine Meinung öffentlich kundtun zu müssen, könne sich gerne rasieren lassen.

Dabei unterschlug Putin, der sich gerade anschickt, die russische Verfassung rundum erneuern und von seinen Untertanen in einer Pseudovolksbefragung absegnen zu lassen, geflissentlich, dass Strafgefangene in der Regel ohnehin ihres Haupthaares verlustig gehen. Und nicht selten reichen schon einige Monate in einem Straflager aus, um Häftlingen den Garaus zu machen und ihnen die Lust auf Unmutsbekundungen ein für alle Mal auszutreiben.

Wladimir Putin wollte übrigens schon einmal zu Messer bzw. Schere greifen. Das war im November 2002 während eines EU-Russland-Gipfels in Brüssel. Ein Journalist erdreistete sich, eine Frage zum Vorgehen der russischen Armee in Tschetschenien zu stellen – die „terroristische Vorhut“ wollte Putin übrigens zu Beginn des zweiten Tschetschenienkrieges 1999 noch auf dem „Abort kaltmachen“.

Anders als dem offiziellen Übersetzer verschlug es Putin in Brüssel nicht die Sprache. Seine Antwort lautete: „Wenn Sie unbedingt zum islamistischen Fundamentalisten werden wollen, lade ich Sie nach Moskau ein.“ Dort würden Experten eine Beschneidung vornehmen und zwar so, „dass nichts mehr nachwächst“. Das dürfte zumindest im Falle dezimierten Haupt­haares anders sein.

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