Politische Krise in Rumänien: Regierung gestürzt

Das Kabinett unter dem Liberalen Ludovic Orban wird mit einem Misstrauensvotum gestürzt. Das kommt Präsident Johannis entgegen. Er will Neuwahlen.

Rumäniens Staatspräsident Klaus Johannis

Arbeitet auf Neuwahlen hin: Rumäniens Staatspräsident Klaus Johannis Foto: dpa

BERLIN taz | Die erst vor drei Monaten eingesetzte rumänische Regierung unter Premierminister Ludovic Orban ist am Mittwoch durch ein Misstrauensantrag gestürzt worden. 261 Parlamentarier, 28 mehr als für die Annahme des Misstrauensvotum notwendig gewesen wären, stimmten gegen die nationalliberale Exekutive.

Der Misstrauensantrag wurde von der oppositionellen Sozialdemokratischen Partei (PSD) und dem Demokratischen Verband der Ungarn aus Rumänien (UDMR) eingebracht, nachdem Premier Orban eine Änderung des Wahlrechts angekündigt hatte. Durch diese Änderungen sollten unter anderem die Kommunalwahlen in zwei Wahlgängen erfolgen. Dadurch, argumentierten die PSD- und die UDMR-Parlamentarier, habe die gestürzte liberale Regierung, die Präsident Klaus Johannis nahe steht, versucht, sich Wahlvorteile zu verschaffen.

In einer mehrstündigen Sitzung, die erst spät in der Nacht von Dienstag zu Mittwoch endete, hatte die Regierung im Eiltempo über 20, zum Teil umstrittene, Dringlichkeitsverordnungen durchzupeitschen versucht.

Die Ombudsfrau Renate Weber kritisierte die Verordnungen als verfassungswidrig. Die Regierung, sagte Weber in einem Interview mit dem Sender Radio France International, habe das Parlament umgangen. Deshalb werde sie persönlich das Verfassungsgericht einschalten und eine Überprüfung dieses Prozederes beantragen.

Gesetzlich vorgeschriebenes Tauziehen

Der Sturz der Regierung Orban soll Neuwahlen provozieren, die Präsident Johannis befürwortet. Laut rumänischer Verfassung können vorgezogene Wahlen erst dann stattfinden, wenn das Parlament innerhalb von 60 Tagen zwei Kabinette ablehnt. Erst nach diesem gesetzlich vorgeschriebenen Tauziehen kann der Staatspräsident das Parlament auflösen, was dann automatisch Neuwahlen zur Folge hat.

Johannis hat sich in den vergangenen Wochen wiederholt für Neuwahlen ausgesprochen. Dadurch hofft er, seiner liberalen Partei die Mehrheit in der Legislative sichern zu können.

Laut jüngsten Umfragen liegt die PNL bei mehr als 45 Prozent, während für die sozialdemokratische Opposition rund 20 Prozent der Wahlberechtigten stimmen würden.

Die von den Sozialdemokraten dominierte Vorgängerregierung unter Victoria Dăncilă war im Oktober ebenfalls per Misstrauensvotum aus dem Amt gedrängt worden. Ihrer Partei wurden Begünstigung von Korruption, Miss- und Vetternwirtschaft vorgeworfen.

Johannis versucht nun die verfassungsmäßigen Vorschriften für seine Vorstellungen auszunutzen. Es ist zu erwarten, dass er Orban erneut als Premier einsetzen wird und das dann in kürzester Zeit die Regierung wieder gestürzt wird. Dann können das politische Spiel fortgesetzt und schließlich vorgezogene Wahlen organisiert werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.