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Pro und Contra zum EU-AustrittIst der Brexit gut für die Insel?

Gastkommentar von Robert Tombs und Juliet Lodge

Yes? No? Stay? Go? Zwei britische Wissenschaftler streiten über den Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union.

Was hätte Winston Churchill zum Brexit gesagt? Foto: Kirsty Wigglesworth / AP

Yes!

W ir Unterstützer des Brexit haben uns an die Fragen unserer europäischen Freunde, was denn in uns gefahren ist, gewöhnt. „Seid ihr verrückt geworden?“ „Mögt ihr uns nicht mehr?“ „Wie könnt ihr bloß?“ – auf diese nai­ven, manchmal berührenden Fragen hole ich tief Luft und versuche, mich kurz zu fassen. Es hat nichts damit zu tun, Europa nicht zu mögen. Viele führende Brexiteers haben enge europäische Beziehungen. Ich selbst habe in meinem Berufsleben zumeist über Frankreich geschrieben und europäische Geschichte gelehrt. Ich kenne Paris besser als London, die Pyrenäen besser als die Highlands, Berlin besser als Liverpool.

Also wie erklärt man den Brexit? Eine verbreitete Ansicht ist, dass die Briten – insbesondere die Engländer – anders seien. Das gilt mal als Lob (demokratisch, unabhängig), mal als Anschuldigung (isolationistisch, selbstbezogen). Man sollte mit essenzialistischen Erklärungen vorsichtig sein. Ein Grund: Das Referendumsergebnis von 2016 führte zu einer knappen Mehrheit. Ein anderer: Die Haltung zur EU unterscheidet sich in Großbritannien nicht sehr von der in Frankreich, Deutschland oder Italien. Die grundlegende Erklärung für den Brexit ist einfach. Erstens: Wir durften darüber abstimmen. Zweitens: Wir waren nicht in der Eurozone, sonst hätten wir sicherlich aus Angst vor finanziellen Verwerfungen für die EU gestimmt.

Es wäre ein Fehler, den Brexit als extremistisch oder irrational anzusehen. Er ist schlicht rational. Viele Kontinentaleuropäer haben aus ihrer jüngeren Geschichte heraus eine emotionale Bindung an die Idee eines geeinten Europa – wir Briten, vom 20. Jahrhundert weniger traumatisiert, sehen es mehr als eine Wirtschaftsbeziehung. Wenn sie uns nichts mehr nützt, warum drinbleiben?

Unsere wirtschaftlichen Verflechtungen mit der Eurozone sind zwar wichtig, ihre Bedeutung nimmt aber ab. Wir betreiben weniger Handel mit der EU als jeder andere Mitgliedstaat, unsere Exporte in Nicht-EU-Länder hingegen wachsen dreizehnmal schneller als jene in Länder der Europäischen Union. Der regulierte, protektionistische Binnenmarkt ist für die britische Wirtschaft insgesamt gesehen nicht von Vorteil. Personenfreizügigkeit bedeutet Einkommensstagnation, schärferen Wettbewerb um Arbeitsplätze und Wohnraumverknappung. Ein einfaches Freihandelsabkommen mit Europa würde uns ermöglichen, störungsfreien Handel mit dynamischeren globalen Märkten auszuhandeln.

Aber dass wir 2016 für den Austritt stimmten, reichte Brüssel nicht. Dänen, Niederländer, Iren, Franzosen, Italiener und Griechen haben alle schon mal gegen die EU-Politik gestimmt, und alle wurden überredet oder gezwungen, ihre Meinung wieder zu ändern. Viele dachten, wir würden das auch tun, und taten ihr Bestes, damit das eintritt.

Für mich und viele andere wurde dies zum zentralen Punkt. Waren wir noch eine Demokratie und ein unabhängiges Land oder war das eine Fassade? Jede politische Partei hatte das Referendum von 2016 gebilligt. Bei den Wahlen 2017 versprachen Labour und die Konservativen beide, das Ergebnis zu respektieren. Aber im Lauf der Zeit wurde immer klarer, dass sie es nicht respektierten, und dass sie sogar planten, das ursprüngliche Ergebnis rückgängig zu machen. Die Gefahr für die Legitimität unseres Staatswesens war offensichtlich. Unser Status als souveräne Nation, die über ihre Zukunft selbst entscheidet, stand auf dem Spiel. Ein großer Teil der Eliten – in Politik, Wirtschaft, Medien, Universitäten – weigerte sich, ein demokratisches Mandat zu akzeptieren.

Das durfte man nicht zulassen. Und trotz der Anti-Brexit-Propaganda wurde es nicht zugelassen. Wenn die Vernunft und ein aufgeklärtes Eigeninteresse überwiegen, wird der Brexit kein Desaster, weder ökonomisch noch politisch. Wir wollen gleichberechtigt mit der EU Handel treiben. Wir werden nach wie vor überdurchschnittlich zur Verteidigung und zur Sicherheit Europas beitragen – die britischen Truppen im Baltikum werden bleiben, und unsere Geheimdienste dürften unseren europäischen Verbündeten weiterhin zugutekommen. In Zukunft werden wir unsere Politik weniger an Europa ausrichten – wozu sollten wir sonst zwei riesige neue Flugzeugträger bauen? –, aber wir bleiben eine europäische Nation.

Stay or go? 1975 warb Margaret Thatcher für den Verbleib in der EWG Foto: PA Wire Archive/dpa

Der Brexit stärkt den Zusammenhalt im Vereinigten Königreich, weswegen Nationalisten in Schottland, Nordirland und Wales ihn hassen. Unabsichtlich oder nicht ermutigt die EU Separatisten wie in Katalonien – solange Großbritannien zur EU gehört, können schottische Nationalisten sich vorstellen, Slowenien oder Luxemburg nachzueifern; nach dem Brexit wäre ein unabhängiges Schottland nicht überlebensfähig.

Kein Zweifel: Für das „europäische Projekt“ der 1950er Jahre ist der Brexit ein historisches Versagen. Doch es liegt im Interesse aller, künftig eine freundschaftliche Zusammenarbeit aufzubauen und den Antagonismus zu beenden, den einige EU-Politiker seit über drei Jahren befördert haben.

Robert Tombs ist emeritierter Professor für französische Geschichte an der Universität Cambridge und unter anderem Autor von ‚The English and Their History‘

No!

Warum sollte man das Verderben namens Brexit einfach hinnehmen? Eine tückische Regierung und eine charakterlose Opposition haben einfach übergangen, dass die Mehrheit der Briten den Brexit gar nicht will. Der Austritt aus der EU ist eine riesige, selbstauferlegte Handelssanktion, er schadet einer guten Sozialpolitik und er zerstört Freiheiten. Er nimmt den Menschen Rechte, den Jungen Chancen und er lässt einen sozial unfairen Staat verarmen. Die rührseligen 50-Pence-Gedenkmünzen mit der Aufschrift „Frieden, Wohlstand und Freundschaft mit allen Nationen“ verkünden die größten Lügen der Tory-Regierungen seit dem Brexit-Referendum.

England heute ist ein frauenfeindlicher Ort, an dem wenige Gewinner alles bekommen. Der Gestank eines bis ins Innerste korrupten Systems wird immer unerträglicher: Die Kluft zwischen Reich und Arm, zwischen Privilegierten und Schutzlosen, das Gefälle zwischen den Regionen, die vertraglich festgeschriebene Armut im Niedriglohnsektor, das Anspruchsdenken in der Monarchie. Das Wahlsystem verkörpert – und verstärkt – die Ungleichheit. Abgeordnete brüllen auf den Parlamentsbänken, um Widerspruch zum Schweigen zu bringen.

Aber kann die Regierung wirklich darauf vertrauen, dass die enttäuschten Mil­len­nials, die in der Zeit der Austerität aufgewachsen sind, den Schein guten Regierens nicht anzweifeln werden?

Die „neue“ Regierung ist pompös und hämisch. Sie weist ihre Verantwortung für die Spaltung dieser an sich toleranten Insel von sich. Statt die Betrüger zu jagen, die sich die Taschen auf Kosten der Allgemeinheit füllen, verlangt sie Unterwürfigkeit, befiehlt Gefolgschaft und duckt sich selbstgefällig weg, sollte das Volk Zweifel äußern. Der Trick lautet: Ihr habt das doch gewollt.

Wieso aber Chancen für junge Menschen zunichte machen, nur weil die Alten das wollten, von denen die meisten nie ins Ausland reisen wollen oder werden? Wenn die irgendeine Ahnung von der Weltpolitik hätten, würden sie dann immer noch den Blödsinn glauben, dass Großbritannien wieder groß werden kann, wenn stattdessen nur die Privilegierten und die Schurken die Freiheiten und den internationalen Einfluss behalten werden? Die Jungen und die Informierten aller Altersgruppen schämen sich dafür.

Doch britische Schulabgänger wissen zu wenig über die eigene Politik und Gesellschaft, ihnen fehlt das Wissen, wie Mehrheiten zustande kommen, wie Regierung, Parlament, Kommunen funktionieren und wie politische Entscheidungen zustande kommen, wie eine unabhängige Justiz funktioniert oder was sich hinter den gesetzlich verankerten Menschenrechten verbirgt. Noch weniger wissen junge Briten, wie in Europa Demokratie praktiziert und geschützt wird, es gibt auch zu wenig Aufklärung über die EU.

Viele Menschen, bis hinauf ins mittlere Alter, haben noch nie gewählt. Aus Scham oder Verzweiflung verteidigen sie ihre Verweigerungshaltung und merken nicht, dass sie damit Regierungen ermächtigen, ihnen den Rücken zu kehren. Hinter Gleichgültigkeit und Provinzialität verbirgt sich oft in Wahrheit das Gefühl der Machtlosigkeit gegenüber einer Regierung, die eine Sache sagt und das Gegenteil tut, ohne dass dies irgendwelche Konsequenzen nach sich zieht.

Aber kann die Regierung wirklich darauf vertrauen, dass die enttäuschten Mil­len­nials, die in der Zeit der Austerität aufgewachsen sind, den Schein guten Regierens nicht anzweifeln werden? Müssen sie ernsthaft den Befehlen ihrer Herren folgen, nur weil ihr Erwartungshorizont niedrig ist und sie Verachtung für ein System empfinden, dass sie von jeglichen Chancen und Zukunfts­ideen ausschließt?

Die Rufe nach einer Reform des Wahlrechts beruhen nicht nur auf dem Wunsch, dass die Sitzverteilung im Parlament die Stimmverteilung fair widerspiegelt. Es geht auch um mehr Gerechtigkeit und den Wunsch, Konsens bei politischen Entscheidung herzustellen. Das britische Wahlsystem ist auf Konfrontation ausgelegt. Es verkörpert eine Klassengesellschaft, in der Wohlstand, egal wie er erworben wurde, Ansprüche und Macht sichert. Warum soll sich eine Regierung um Konsens bemühen, wenn ein gezielter Mikrowahlkampf mit Bots ausreicht, um „demokratische“ Willensbildung hervorzubringen? Warum überhaupt so tun, als ob eine Regierung das Beste für das Volk will?

Der Brexit hat diesen Betrug einer fadenscheinigen Minderheitsdemokratie entlarvt. Wieso spielen Abgeordnete, EU, Europaparlamentarier in diesem Spiel der Lüge und der Zerstörung mit? Es ist Zeit, den Schweinestall auszumisten. Großbritannien gehört zur EU und wird wieder beitreten.

Die EU muss aber auch erkennen, dass Großbritannien ihren wunden Punkt aufgezeigt hat. Der Brexit stellt eine Herausforderung dar, auf die die EU antworten muss. Sie muss die Unpolitischen politisieren, die keinen Unterschied zwischen einer Parlamentswahl und einer Stimmabgabe in einer TV-Show sehen. Sie muss die Wachsamen empowern, die merken, wie ihre persönlichen Daten für privaten Profit missbraucht werden. Der Brexit ist eine Warnung an uns alle.

Juliet Lodge ist Gründungsmitglied der Gruppe „Women for Europe“ und ehemalige Direktorin des Zentrums für Europastudien an der Universität Leeds.

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29 Kommentare

 / 
  • Die EU hat immerhin jetzt eine Atommacht weniger. Das wäre ja nicht weiter schlimm, wenn es nun auch eine Atommacht weniger gäbe.

  • Die Diskussion setzt wie immer zu spät ein. Wenn ca. 50% dafür und ca. 50% dagegen sind, ist es egal was ich mache, ich handle gegen die Hälfte der Leute.

    Statt seit Jahren dieses schwarz/weiß zu diskutieren (Brexit ja/nein; Brexit gut/schlecht) , hätte man anfangen sollen Alternativen zu suchen, die nicht jeden zweiten ignorieren - egal aus welcher Richung.

    • @Gastnutzer 42:

      ja, und man haette mal anfangen koennen, zu analysieren, woran das liegt, dass das volk so 50/50 gespalten ist. so wird man z.b. beim wahlsystem fuendig. und der selbstueberschaetzung der politisch ungebildeten breiten masse, die immer nur von aussen hoert, sie habe die demokratie erfunden. dass auf der insel aus einer puren volksbefragung ein bindendes votum wurde von eine nicht zu uebersehenden tragweite, bei der noch nicht einmal eine zwei-drittel-mehrheit noctwendig ist, und dieser eklatante demokratische, parlamentarische missstand einfach unter den tisch fiel, zeigt, wie marode das politische system im UK ist.

    • 9G
      91491 (Profil gelöscht)
      @Gastnutzer 42:

      Was soll das immer mit dem 50/50% Gerede.



      Wie bitte ist es den zu dem Wahlergebniss Dez.2019 gekommen , absolute Mehrheit für die Brexit Befürworter.

      • @91491 (Profil gelöscht):

        Na, da hat aber einer das britische Wahlsystem verstanden.

        • @Oliver Lange:

          Ach ja? Labour war nicht für einen Verbleib in der EU, die wollten einen neuen Deal aushandeln und dann ein neues Referendum.

          Jeremy Corbyn, immerhin seit 1982 Mitglied des Parlaments hat 1993 gegen den Maastricht-Vertrag gestimmt, 2008 gegen den Lissabon-Vertrag und war 2011 für eine Volksabstimmung im UK über die EU Mitgliedschaft, der war bestimmt kein Freund der EU.

          Klar für den Verbleib in der EU waren bei der Wahl 2019 die LibDems, die SNP, die Green Party, Sinn Féinund Plaid Cymru, die haben zusammen 19,7% geholt.

  • Die Frage ist doch: Was haben die Briten je für die EU getan? Banken dereguliert, das EU-Parlament in seiner Entwicklung behindert, bei EU-Entscheidungen gerne mal Berater mit texanischem Akzent mitgebracht und bei jeder Gelegenheit auf Ausnahmen bestanden.

    Ich bin froh, dass sie draussen sind.

  • Aus jeder Pore dieser zutiefst emotional getroffenen Entscheidung aus 2016 dringt der für die anderen Europäer als Zurückweisung empfundene Eindruck "Wir mögen euch nicht - Wir sind lieber allein".

    Der Austritt Großbritanniens schwächt das zu Recht mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete europäische Projekt als wichtigen Gegenpol in der Welt. Die wirtschaftlichen Konsequenzen sind dabei langfristig zweitrangig.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Wieso hier die vordringlichste Frage sein soll, ob der Brexit gut oder ungut für die Insel ist, verstehe wer will.

    Wir leben auf dem europäischen Kontinent, der ein oder andere auch geistig inkontinent. Hier wäre aus meiner Sicht die Gretchenfrage: ist der Brexit gut oder schlecht für die EU? Warum - und für wen und wieviele?

    In Patagonien sollen letzte Nacht bei starken Stürmen zwei Möwen-Nester ins Meer gefallen sein. Lachmöwen. Wieso finde ich hier nichts darüber?

  • Aus allen Poren dieser knappen britischen Entscheidung drängt die Nachricht "Wir sind was Besseres - wir wollen lieber allein sein" durch. Dies ist ein Rückschlag für die europäische Idee und deren Gewicht in der Welt.

  • Können wir es so machen, dass Herr Tombs geht und Frau Lodge bleibt?

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      Gegenfrage:

      Können wir es so machen, dass wir hier über die HIER wirklich relevanten Themen streiten?

      Für die Frage ist auf der Insel genügend Platz ...

      • @76530 (Profil gelöscht):

        Oh ja -- lass uns darüber streiten, ob dieses Thema hier relevant ist oder nicht ;-)

        Als EU-Migrant liegt mir das natürlich ein wenig am Herzen. Erst recht, weil mir "Nation" und "Nationalismus" (biografisch bedingt?) sehr suspekt sind.

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @tomás zerolo:

          Der Streit - er wird ein kurzer sein. Und nicht besonders heftig. :-)

          Ich habe vollstes Verständnis, wenn ein Thema von biographischen Aspekten überlagert ist. Das ist bekanntermaßen bei mir gelegentlich auch der Fall.

          Ich wünsche Dir dann Widerstreiter, die ein solides Fundament in dieser causa aufweisen.

          Bei mir ist dies nicht der Fall. Alle "ismen" sind für mich sowas für die Füsse abtreten, Nationalismus ganz besonders. Da bin ich zu sehr auf Deiner Linie des Suspekten.

          Der andere Punkt: mir geht der Brexit sowas auf den Senkel, dass ich seit gefühlt zehn Jahren (meine Zeit ist besonders breit, ich habe einfach zuviel davon) nur mit dem virtuellen Knüppel dazwischengehen möchte.

          Und nehme keiner an, das Thema sei durch. Wetten, dass ...

  • "...den Antagonismus zu beenden, den einige EU-Politiker seit über drei Jahren befördert haben." - wie war das mit dem Splitter und dem Balken im Auge?

    Global Britain hat nur eine Zukunft als eine die Deregulierungswelle reitende Steueroase, in der 75% der Menschen beschissene McJobs haben (wenn sie überhaupt Jobs haben) und mit schlechten Zähnen, schlechter Schulbildung, Hundewetten und Krawallfernsehen in der Scheiße sitzen, 20% toxische Finanzprodukte verticken und 5% in einer deregulierten Wissensökonomie arbeiten, z.B. in der andernorts verbotenen verbrauchenden Embyonenforschung.

  • Als Historiker-Kollege bedauere ich, dass Herr Tombs die Vergangenheit nicht nur studiert, sondern offensichtlich in ihr lebt. Noch schlimmer igmnoriert er, dass die EU nur eine Projektionsfläche für Brexiteers war, um sich hausgemachte Probleme nicht eingestehen zu müssen. Die tories sind schließlich die ultraneoliberale Kraft innerhalb einer neoliberalen EU gewesen und schrecken nicht davor zurück ihre eigenen Bevölkerung zu skeletieren.Hinter dem nationalchauvinistischen Pomp der Johnson Brigade wartet nur Singapur on the Thames, ein England wie zu Hogarths und Dickens Zeiten mit Dreck, Elend und Armut für das Prekariat, Feel-good-Propaganda für die Restmittelschicht und 9/10 des Kuchens für die Gentry a la Rees-Mogg und Konsorten.

    • @hessebub:

      So sieht es aus!

  • "Personenfreizügigkeit bedeutet Einkommensstagnation, schärferen Wettbewerb um Arbeitsplätze und Wohnraumverknappung."







    Ist wohl British German für: "Die Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg und sind auch sonst an allem schuld". Da läuft es mir eiskalt den Rücken runter.

    Nebenbei den Walisern, Nordiren und den Schotten Nationalismus zu unterstellen als Brexiteer, da gehört schon eine gehörige Portion Chuzpe dazu.

    "Unabsichtlich oder nicht ermutigt die EU Separatisten wie in Katalonien – solange Großbritannien zur EU gehört, können schottische Nationalisten sich vorstellen, Slowenien oder Luxemburg nachzueifern; nach dem Brexit wäre ein unabhängiges Schottland nicht überlebensfähig."

    Warum wäre Schottland als unabhängiger Staat und Mitglied der EU nicht überlebensfähig? Als Mitglied der größeren politischen, wirtschaftlichen und militärischen Macht im Vergleich zu GB? Und schon versorgt mit vielen Handelsabkommen, die GB erstmal verhandeln muss.

    Das Hauptargument der Gegner einer schottischen Unabhängigkeit 2014 war, dass Schottland damit auch automatisch die Zugehörigkeit zur EU verlieren würde und als Drittstaat neu verhandeln müsste. Das hat damals bei einigen Wählern verfangen. Das Ergebnis seinerzeit war kein Erdrutschsieg für den Verbleib, insofern fühlen sich heute viele Schotten verschaukelt.

    Luxemburg ist seit 1890 unabhängig. Die Unabhängigkeitserklärung Sloweniens erfolgte 1991. Als Geburtsjahr der EU in ihrer heutigen Form darf man wohl 1992 bezeichnen (Unterzeichnung Vertrag von Maastricht, Inkrafttreten 1993). Was genau hat die EU jeweils beigetragen? Man darf hinzufügen: bei Slowenien hat die Loslösung von Jugoslawien erst zur Möglichkeit einer Aufnahme in die EU geführt, das sollte sich der Autor einmal überlegen.

    Was die Unabhängigkeitsbestrebungen der Katalanen und anderer angeht: ich kenne keinen EU-Politiker, ausser einige derer, die aus diesen Regionen kommen, die die Zersplitterung von Mitgliedsstaaten unterstützen würden.

  • Der Brexit ist legitim. Aber er wirft das Land zurück. Das werden die Briten noch merken.

  • Juliet Lodge widerspricht sich selbst.

    Einerseits meint sie: "Der Austritt aus der EU ist eine riesige, selbstauferlegte Handelssanktion, er schadet einer guten Sozialpolitik und er zerstört Freiheiten. Er nimmt den Menschen Rechte, den Jungen Chancen und er lässt einen sozial unfairen Staat verarmen."

    Andererseits beschreibt sie den heutigen Zustand wie folgt: "England heute ist ein frauenfeindlicher Ort, an dem wenige Gewinner alles bekommen. Der Gestank eines bis ins Innerste korrupten Systems wird immer unerträglicher: Die Kluft zwischen Reich und Arm, zwischen Privilegierten und Schutzlosen, das Gefälle zwischen den Regionen, die vertraglich festgeschriebene Armut im Niedriglohnsektor, das Anspruchsdenken in der Monarchie."

    Dieser Zustand besteht aber, nachdem das Vereinigte Königreich bis gestern Mitglied der EU war. Wieso meint die Autorin, dass die EU den Menschen dort so tolle "Chancen" böte, wenn nach insgesamt 47 Jahren Mitgliedschaft in der EWG, der EG und der EU die Zustände so sind, wie sie sie beschreibt?

    Auch wenn die Autorin vermutlich davon ausgeht, dass nach dem Brexit alles noch schlechter werde: Wo ist das Argument der Autorin für die EU? Was sollen das für "Chancen" sein, die die EU den Briten angeblich bietet? Wieso haben sich diese "Chancen" nicht realisiert, solange das Vereinigte Königreich in der EU war? Was hätte durch eine weitere EU-Mitgliedschaft konkret besser werden sollen, wenn das Ergebnis der bisherigen EU-Mitgliedschaft so grottenschlecht ist, wie die Autorin es darstellt? Das verrät uns Juliet Lodge nicht.

    • @Budzylein:

      Ja, trotz meines Abarbeitens in einem früheren Post an Mr. Tombs sehe ich das ähnlich. Beide Positionen habe ich schon besser vertreten gelesen. Tragisch, dass genau diese Yes! und No! Positionen das Drama des Brexits aufzeigen.

  • „Ist der Brexit gut für die Insel?“



    Jedenfalls hat der Brexit einen großen Vorteil für die verbleibende Rest-EU: Wenn in GB künftig irgendwas nicht funktioniert wie es soll, kann nicht mehr die EU verantwortlich gemacht werden!

  • „Niemals geht man so ganz.“ (Trude Herr)

    Ansonsten gilt weiterhin: „Vorwärts immer, rückwärts nimmer!“

  • Tombs: "In Zukunft werden wir unsere Politik weniger an Europa ausrichten – wozu sollten wir sonst zwei riesige neue Flugzeugträger bauen?"

    Da werden sich die Mächte der Welt aber erschrecken!

    Zeigt nicht dieser eine Satz von Tombs, was für ein nostalgisches Weltbild hinter seiner Brexit-Manie steckt?

  • Tombs:



    "Unsere wirtschaftlichen Verflechtungen mit der Eurozone sind zwar wichtig, ihre Bedeutung nimmt aber ab. Wir betreiben weniger Handel mit der EU als jeder andere Mitgliedstaat, unsere Exporte in Nicht-EU-Länder hingegen wachsen dreizehnmal schneller als jene in Länder der Europäischen Union."

    Ist das so? 13x schneller ...

    Die EU wird weniger wichtig. Ok, China und Indien werden wichtiger, aber wie hoch ist der Anteil der EU am britischen Handel? Knapp 50%, habe ich mal gehört. Und für den soll es nun Barrieren geben, teure Handelsschranken.

    Tombs: "Ein einfaches Freihandelsabkommen mit Europa würde uns ermöglichen, störungsfreien Handel mit dynamischeren globalen Märkten auszuhandeln."

    Da schauen wir mal! Wie wird wohl das "einfaches Freihandelsabkommen mit Europa" am 31.12.2020 ausschauen? Und wie der "störungsfreie Handel" mit den dynamischeren Märkten, also z. B. China?

    Moderne Ökonomie ist intensiv global vernetzt und braucht deshalb möglichst barrierefreien Handel. Der ist nur durch gemeinsame Regeln zu erreichen ... GB klinkt sich aus. Das wird teuer.

  • Ich zitiere Tombs;



    "Der Brexit stärkt den Zusammenhalt im Vereinigten Königreich, weswegen Nationalisten in Schottland, Nordirland und Wales ihn hassen."

    Es ist offensichtlich, dass das Gegenteil der Fall ist. Wird der Brexit-Schaden hoch, wird Schottlands Mehrheit für Unabhängigkeit - im Moment schon auf 51% gewachsen - auf die 60% zugehen. Nordirland wird schon wirtschaftlich (durch die Zollgrenze) der Republik Irland näherrücken, die irische Vereinigung wird ökonomisch vorbereitet.

    In England selbst wird der englische (un-britische) Nationalismus weiter zunehmen. Schottlands und Nordirlands Zukunft liegt in der EU.

  • Ich meine nichts zu den Briten, ich denke nichts über die Briten, ich sage nichts über die Briten und sie interessieren mich so wenig, wie ich sie, die Briten.



    Jetzt macht nen fairen Vertrag, gebt den jungen Briten bei uns trotzdem volle Freizügigkeit in der EU, Atomraketen, Fremdenlegionäre und Infos von den Five-Eyes haben die Franzosen auch. Dann noch bisschen mit den Russen kuscheln und das zukünftige Singapur Steuerparadies an der Themse wird ein Traum für die Banker und nur die. Trotzdem, Alles wird gut!

  • 6G
    64984 (Profil gelöscht)

    Im ersten Kimmentar bleibt unerwähnt, dass es den unteren 50% nach dem Brexit schlechter gehen wird als vor dem Brexit.



    Im zweiten bleibt unerwähnt, dass die EU sich vor allem um die Interessen der Konzerne u d Eliten kümmert und deshalb viele Briten für den Brexit gestimmthaben.