Stadtwerke gegen Kohleplan: Kritik an früherem Steinkohle-Aus

Aus dem jüngsten Gesetzentwurf ergibt sich, dass schon 2034 keine Steinkohlekraftwerke am Netz sind. Der Bund will das so nicht bestätigen.

Das Steinkohlelager des Kraftwerks Mehrum.

Steinkohlekraftwerke wie hier im niedersächsischen Mehrum sollen früher vom Netz als geplant Foto: Julian Stratenschulte/dpa

BERLIN taz | Nicht nur die Umweltverbände sind unzufrieden mit den langen Laufzeiten für Braunkohlekraftwerke, auf die sich Bund und Länder in der vergangenen Woche mit den Betreiberkonzernen geeinigt haben. Auch die Stadtwerke, die im Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) zusammengeschlossen sind, lehnen die Regelung ab. Denn der Gesetzentwurf, der am Dienstag an Länder und Verbände verschickt wurde, sieht vor, dass im Gegenzug für die längeren Laufzeiten der Braunkohlekraftwerke die Steinkohlekraftwerke deutlich schneller und früher vom Netz gehen als zuvor geplant.

„Es entbehrt jeder energiewirtschaftlichen und klimapolitischen Logik, dass die Steinkohle als Lückenbüßer für den verzögerten Braunkohleausstieg herhalten soll“, sagte der stellvertretende VKU-Geschäftsführer Michael Wübbels am Freitag.

Aus dem Gesetz ergibt sich nach Berechnungen des Verbandes, dass die Steinkohleverstromung in Deutschland schon im Jahr 2034 endet – und damit vier Jahre früher als bei der noch klimaschädlicheren Braunkohle. Auch das neue Steinkohlekraftwerk Datteln 4, das entgegen der Empfehlung der Kohlekommission im Sommer ans Netz gehen soll, müsste schon 2033 wieder stillgelegt werden, wenn es beim ausgehandelten Ausstiegspfad für die Braunkohle bleibt.

Das Bundeswirtschaftsministerium wollte diese Jahreszahlen am Freitag auf Nachfrage nicht bestätigen, bestritt die Berechnungen aber auch nicht. „Der Referentenentwurf zum Kohleausstiegsgesetz befindet sich aktuell weiter in der Abstimmung mit den Ressorts und der Länder- und Verbändeanhörung, so dass sich aus Abstimmungen natürlich noch Änderungen ergeben können und wir daher auch nicht alle Details vor der Kabinett-Befassung kommentieren können“, teilte eine Sprecherin mit. Zudem wies das Ministerium darauf hin, dass die Steinkohlekraftwerke auch auf Gas umgerüstet werden können, statt sie stillzulegen.

Unnötige Entschädigungen für Braunkohle?

Kritik äußerten die Stadtwerke auch an den geplanten Entschädigungsregelungen: Während die Braunkohlekonzerne für die Stilllegung ihrer Kraftwerke und Tagebaue insgesamt 4,4 Milliarden Euro vom Staat erhalten, werden die Zahlungen an die Steinkohle-Betreiber deutlich geringer ausfallen. Bis 2026 können sie in einem Ausschreibungsverfahren Kraftwerke zur Stilllegung anbieten; den Zuschlag bekommt, wer die geringste Entschädigung fordert. Ab 2027 legt der Staat die Kraftwerke gemäß fester Kriterien ohne Entschädigungen still.

„Das trifft vor allem auch kommunale Kraftwerksbetreiber“, kritisiert VKU-Vize Wübbels. „Ohne angemessene Entschädigung für ihren wirtschaftlichen Schaden besteht die Gefahr, dass das Geld bei den betroffenen Stadtwerken für den dringende notwendigen Umbau der Energieversorgung vor Ort fehlt.“

Unterdessen gibt es neue Zweifel, ob die Entschädigungen für die Braunkohle-Betreiber gerechtfertigt sind. Der ostdeutsche Betreiber Leag werde nach dem Ausstiegspfad etwa genauso viel Braunkohle fördern, wie in einem vertraulichen Planungsszenario des Unternehemens aus dem Jahr 2016 vorgesehen, berichtet der Spiegel.

„Die Leag muss gar nicht weniger Braunkohle verfeuern, als sie eigentlich vorhatte, und bekommt dennoch Milliarden vom Steuerzahler“, sagte René Schuster von der ostdeutschen Umweltorganisation Grüne Liga dem Spiegel. Er fordert von der Bundesregierung, dieses »Geschenk« für den Energiekonzern zu überdenken.

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