Budget-Streit in der EU: Deutschland stellt sich stur
Die EU-Mitgliedstaaten streiten über ein neues Budget. Es geht um nationale Interessen, Klimaschutz, den Brexit – und einen Rabatt.
BRÜSSEL taz | Wer zahlt die Zeche für den Brexit? Und wer finanziert den „European Green Deal“? Seit Wochen streiten die EU-Staaten über diese Fragen. Nun will Ratspräsident Charles Michel den gordischen Knoten durchschlagen: Er hat für den 20. Februar einen Sondergipfel in Brüssel anberaumt. Bei dem Treffen soll ein neues EU-Budget für 2021 bis 2027 festgezurrt werden. Diplomaten rechnen mit harten Verhandlungen; vor allem Deutschland stellt sich stur.
Mit „gesundem Menschenverstand und Entschlossenheit“ sei eine Einigung möglich, von der alle Europäer profitieren, mahnte Michel am Wochenende. Der finnische EU-Ratsvorsitz hatte bereits im Dezember einen Kompromissvorschlag vorgelegt. Er sieht für die kommenden sieben Jahre einen „mittelfristigen Finanzrahmen“ von 1.087,3 Milliarden Euro vor. Das wären 1,07 Prozent der Wirtschaftsleistung – also etwas mehr als bisher (1,0 Prozent).
Angesichts der großen Ambitionen der neuen EU-Kommission – allein schon der „Green Deal“ für das Klima schlägt mit einer Billion Euro zu Buche – sei das noch viel zu wenig, meint das Europaparlament. Es fordert eine Aufstockung des Budgets auf 1,3 Prozent. Auch Behördenchefin Ursula von der Leyen wünscht sich mehr Geld. Die Mitglieder sollten tiefer in die Tasche greifen, um neue Ziele wie den Kohleausstieg zu finanzieren, so die CDU-Politikerin.
Doch ausgerechnet die Bundesregierung, der von der Leyen vor einem Jahr noch selbst angehörte, stellt sich stur. Gemeinsam mit anderen Nettozahlern wie den Niederlanden will sie den EU-Beitrag auf 1,0 Prozent begrenzen. Klimaschutz sei zwar wichtig, müsse aber auch von den EU-Staaten aus nationalen Mitteln bezahlt werden, heißt es in Berlin. So verweist man auf das deutsche Programm zum Kohleausstieg, für das 40 Milliarden vorgesehen sind.
Hilfen für die Klimaneutralität
Allerdings dürfte das von der Kohle abhängige Länder wie Polen kaum überzeugen. Die Regierung in Warschau hatte beim letzten EU-Gipfel in Dezember neue Milliardenhilfen für den Kohleausstieg gefordert. Nur wenn Brüssel bereit sei, Polen finanziell unter die Arme zu greifen, könne man das EU-Ziel der Klimaneutralität bis 2050 mittragen, erklärte Premierminister Mateusz Morawiecki. Die Entscheidung wurde auf den EU-Gipfel im Juni verschoben.
Seither geht in Brüssel die Sorge um, dass die Verhandlungen über das neue EU-Budget mit dem Streit über den „Green Deal“ verquickt werden könnten. Das könnte teuer werden – vor allem für Deutschland. Denn dann müsste sich Berlin um Kompromisse bemühen und dafür wohl auch Geld in die Hand nehmen.
Für die harte deutsche Haltung gibt es aber noch einen anderen Grund: den Brexit. Der britische EU-Austritt, der am 31. Januar vollzogen wird, reißt ein tiefes Loch in die EU-Kasse. Nach den bisherigen Plänen aus Brüssel solle vor allem Deutschland dieses Loch stopfen, heißt es im Bundesfinanzministerium. Frankreich hingegen werde kaum belastet. Das will die Bundesregierung nicht hinnehmen und legt sich nun auch noch mit Paris an. Die französische Regierung soll entweder einer Kürzung der europäischen Agrarsubventionen zustimmen – oder eine Beibehaltung des deutschen EU-Rabatts abnicken.
Leser*innenkommentare
satgurupseudologos
die diskussion zeigt einmal mehr die chronische institutionelle malaise der eu,und deren quasitotale dysfunktionalität im hinblick auf die erfüllung fast aller öffentlichen augaben.
die eu ist kein staat geworden aber sie hindert die staaten die ihr angehören daran als solche zu funktionieren.die standortkonkurrenz zwischen ihnen ruiniert alle errungenschaften der demokratie.infolgedessen ist es zu einem interregnum gekommen von dem der private sektor im allgemeinen und die grossen kapitalistischen konzerne und banken im besonderen profitieren,so dass die diesem und diesen zwangsläufig inhärente tendenz zur grössten sozialen ungerechtigkeit sich durchsetzt.
es ist an der zeit dass aus den staaten deren bevölkerung dazu bereit ist ein einziger starker europäischer bundesstaat wird,und dass alle staaten für die das nicht gilt austreten.
es sollte in dem künftigen europäischen bundesstaat nur ein budget geben.das ist nicht nur für den klimaschutz wichtig sondern vor allem auch für die soziale gerechtigkeit.
der nationalstaat hat ausgedient auf einem europäischen binnenmarkt kann er nicht mehr funktionieren
J_CGN
Ok, dann verteilen wir die Agrarsubventionen von DE und NL weg.
Auch ein Weg.
tomás zerolo
"Unsere" Regierung ist einfach nur noch peinlich. Erst drücken sie Frau VdL nach Brüssel (oder entsorgen sie dort? Ich weiss wirklich nicht, wie ich das deuten soll) und dann sowas.
Wir machen uns lustig über die korrupte brasilianische oder italienische Elite. Ist es bei uns besser?
danny schneider
Einfach die schädlichen Subventionen für Bauern, Kohle, die abtrünnigen Visegrád-Staaten streichen, dann ist Geld ohne Ende da.