: A Change is nebenan
Mitten in Berlin macht das Projekt Frieda Süd inklusive Stadtteilpolitik
Katja Barthold ist Gewerkschaftssekretärin für die IG Metall in Thüringen. Sie setzt auf die Ermächtigung der Arbeiter:innen.
Von Anselm Denfeld
Nicht nur publizistisch ist die taz mitten im Wandel: Rund um den taz-Neubau entsteht zwischen inklusiver Stadteilpolitik und Gentrifizierung ein neues Straßenbild – für das Projekt Frieda Süd eine Chance, ein ganzes Viertel im Herzen Berlins mitzugestalten. In nur elf Monaten ist die Brache auf dem Nachbargrundstück der taz zu einem lebendigen Stadtteilprojekt samt Gemeinschaftsgarten geworden – und könnte trotzdem bald wieder Geschichte sein, denn der temporäre Nutzungsvertrag der Frieda Süd läuft Ende 2020 aus. „Wir wussten von Anfang an, dass das temporär ist, und dachten, bevor man das brach liegen lässt, machen wir halt zwischendurch einen coolen Ort draus“, erzählt Julia Brodersen, die schon länger als drei Jahre aktiv ist als Teil der Initiative „Im Garten“.
Wo vorher eine Baulücke gähnte, stehen wild zusammengewürfelt dank der Initiativen heute ein kleines Amphitheater, eine Fahrrad-Selbsthilfewerkstatt, selbst gezimmerte Hochbeete und die vom Bezirk unterstützte sogenannte Bauhütte. Mit anderen Ehrenamtlichen trifft sich Brodersen hier jeden Freitag zum Plenum des Projekts, das strikte Organisation vermeidet, dafür aber viel After-Work-Gardening und gemeinsames Pizzabacken beinhaltet. Denn Frieda Süd ist mehr als ein Diskussionsraum für Stadtentwicklung, es ist vielmehr auch ein basisdemokratischer Abenteuerspielplatz auf Zeit. Das kleine Häuschen inmitten der Brache ist inzwischen zum Treffpunkt für Anwohner*innen, Bauarbeiter*innen und Architekt*innen, aber auch künftige Nutzer*innen geworden, um dort über Zwischennutzung und Gewerbeentwicklung im Kiez zu diskutieren.
„Es geht darum, einfach gemeinsam Dinge zu machen“, sagt Brodersen. „Wir haben oft keinen Plan – aber es gibt Ideen und Leute, die mitmachen, und es kommt etwas ganz anderes dabei heraus, als am Anfang geplant war. Und dann ist das okay.“ Und beim gemeinsamen Gärtnern kämen dann Nachbar*innen zum Beispiel über ihre Mietverträge ins Gespräch und begännen sich zu vernetzen.
Das neue Redaktionshaus der taz fügt sich in dieses Kreativquartier ein, das auf öffentlichem Bauland rund um den Besselplatz entstanden ist: ein Bezirk mit Wohnungen zu Preisen von über einer Million Euro sowie Investor*innen und Konzernen, die die Gentrifizierung des Viertels stetig vorantreiben. Dem gegenüber steht die Südliche Friedrichstadt mit einem hohem Anteil an Migrant*innen und vielen Sozialbauten, die in einem im Jahr 2017 zum Milieuschutzgebiet erklärten Bereich liegen. Der Bezirk versucht zwar, die bisherigen Bewohner*innen des Bezirks nicht zu verdrängen – gleichzeitig fußt die Inklusion auch auf der Arbeit der Frieda Süd und deren größtenteils ehrenamtlichen Initiativen, die Ende 2020 vielleicht weichen müssen.
Über dem Eingangstor der Frieda Süd prangt schon seit einiger Zeit die Aufschrift „Wohnraum statt Gurken und Tomaten“. Ein allgegenwärtiges Thema hier im Bezirk und in den Initiativen. Unklar ist nur, wer am Ende an diesem Ort wohnen wird – und wohin es die Initiativen der Frieda Süd verschlägt. Julia Brodersen ist optimistisch. Vor einiger Zeit hätten sie noch vor einer Notunterkunft in der Osloer Straße gegärtnert, erzählt sie. Dass sie den Ort wechseln, bedeute ja auch, dass auch mehr Menschen etwas mitbekämen vom Garten – und der Stadt in Wandel.
In der Frieda Süd wird es während des taz lab ganztägig eine Kinderbetreuung für 4- bis 12-Jährige mit verschiedensten Bastel-, Spiel- und Abenteuerangeboten geben. Anmeldung per Mail an tazlab@taz.de, Stichwort Kinderbetreuung
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