Das Leben im Dorf: Neue Leute, neue Ideen

Was es für ein gutes Leben braucht, ist Ansichtssache. Was es für ein gutes Landleben braucht, hingegen nicht.

Eine leere Trainerbank, auf einem verlassenen Sportplatz

Ein verlassener Dorfsportplatz in Bingenheim in der Wetterau, Hessen Foto: dpa

Leere Straßen und geschlossene Geschäfte, ein riesiges Funkloch ohne Arbeitsplätze – so stellen sich viele Städter das Leben auf dem Land vor. Wer will da schon hin? Der fehlende Dorfladen und die verschwundene Metzgerei sind jedoch nicht das Problem. „Es fehlt den ländlichen Gemeinden an Menschen“, sagt Peter Dehne, Professor für Planungsrecht und Baurecht an der Hochschule Neubrandenburg.

In seiner Forschung beschäftigt er sich hauptsächlich mit den Auswirkungen des demografischen Wandels auf kleinere Städte und der Frage, wie diese sich entwickeln müssen, um zu überleben. Vor allem jüngere Menschen ziehen in die Städte und verlassen ihren Heimatort. Die Studie „Urbane Dörfer. Wie digitales Arbeiten Städter aufs Land bringen kann“ vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung zeigt, dass immer mehr junge Menschen das Abitur schaffen und den Wunsch haben, ein Studium zu beginnen.

Städte wie Jena, Leipzig und Dresden profitieren von dem hohen Andrang an Studenten. Von 2012 bis 2017 verließen pro 1.000 Einwohner 112 meist junge Menschen ihr Heimatdorf, um in anderen Städten eine Hochschulausbildung zu erhalten. Durch den Wegzug der jüngeren Bevölkerung verändert sich die Altersstruktur der Dörfer. Das bedeute aber nicht, dass die kleineren Gemeinden in Zukunft aussterben, sagt Peter Dehne.

Denn es gibt auch einen Gegen­trend: es ziehen wieder mehr Menschen in ländliche Gebiete. Die Städter kommen hauptsächlich in kleinere Gemeinden, die nicht allzu weit von größeren Zentren entfernt sind. Vor allem die neuen Arbeitsweisen, die das digitale Zeitalter bietet, spielen dabei eine große Rolle, stellte auch die Studie vom Berlin-Institut fest. Viele Personen, die freiberuflich und nicht ortsgebunden arbeiten, zieht es in ländliche Regionen.

Dörfer als Gesellschaftslabor

Das ist nicht nur eine demografische Veränderung für die Dörfer, sondern auch eine innovative. Neue Leute bringen neue Ideen, die dazu beitragen können, eine Gemeinde neu zu gestalten. „Die ländlichen Gebiete können zu einem Gesellschaftslabor werden“, beschreibt die Studie die Zukunft der Dörfer, in denen neue Ansätze des Zusammenlebens und der Nachhaltigkeit erprobt werden können.

Stadt und Land können also beidseitig voneinander profitieren. Diese Einstellung ist auch vielen Menschen, die auf dem Land leben, wichtig: Viele Dorfbewohner sind genervt von den Klischees. „Sie fühlen sich missverstanden. Denn auch wenn die Rahmenbedingungen des Alltags andere sind, finden sie das Lebensgefühl auf dem Land sehr gut“, sagt Dehne, der für seine Forschung viel mit der Landbevölkerung vor Ort spricht.

Das soziale Miteinander in den kleinen Ortschaften sei dabei ein wichtiger Punkt und sichere das zukünftige Zusammenleben und Fortbestehen der Gemeinschaft, sagt Dehne. Und das funktioniere am besten, wenn auch jeder bereit ist, etwas für einen Wandel zu tun. Dehne kennt einige Orte, in denen die Bewohner Probleme selbst anpacken und sich zum Beispiel aktiv für einen Dorfladen einsetzen. Die Motivation der Menschen ist dabei der ausschlaggebende Punkt: „Ob ein Dorf erhalten bleibt oder nicht, hängt maßgeblich vom Engagement der Bevölkerung ab.“

Alles Engagement helfe jedoch nicht, wenn eine gewisse Grundversorgung nicht gewährleistet sei. Schulen, öffentlicher Nahverkehr und Gesundheitsversorgung seien beispielsweise notwendig. Dehne wünscht sich an dieser Stelle mehr Verantwortung von Bund und Ländern, denn davon hätten sie in den letzten Jahren zu wenig übernommen.

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