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Bäumchen wechsel dich

Der Weihnachtsbaum ist oft ein Chemiecocktail. Dabei geht es auch grüner

von Alicia Hasselbach und Henrik Rampe

Weihnachten, das ist die Zeit, in der rund 30 Millionen deutsche Haushalte ein vorübergehendes Familienmitglied begrüßen: den Weihnachtsbaum. Doch Baum ist nicht gleich Baum. Denn bei der Frage, wie grün eine Tanne ist, geht es um viel mehr als nur die Farbe ihrer Nadeln. Fünf Baumtypen im taz-TÜV:

Tanne von der Stange: Der Baumklassiker, der in jedem Baumarkt und auf jedem Weihnachtsmarkt verkauft wird. Damit die Nadeln im satten Grün erstrahlen, wird die Mehrheit der Bäume mit Pflanzenschutzmitteln behandelt. Bei einem Labortest, der 2017 von der Naturschutzorganisation BUND beauftragt wurde, wurden sogar Pestizidrückstände bei drei von vier Bäumen festgestellt.

Gutes Holz: Die Zahl der Verkaufsstellen für ökologische Weihnachtsbäume hat sich in den vergangenen fünf Jahren von 100 auf mehr als 700 gesteigert. Siegel wie Bioland, Demeter oder Biokreis garantieren für einen chemiefreien Anbau. Mit einem Anteil von 0,5 Prozent ist der Bio-Baum aber weiter die Tannennadel im Heuhaufen. So beobachtet Rudolf Fenner von der Umweltorganisation Robin Wood Zurückhaltung beim Kauf des nachhaltigen Holzprodukts. Außer bei Lebensmitteln seien viele Konsumierende nicht bereit, auf Bio zu setzen. Dabei ist die Bio-Tanne, so Fenner, meist nur 10 Prozent teurer als der Baumklassiker. Dass von heute auf morgen unzählige Bäume dieser Art aus dem Boden schießen, ist aber ausgeschlossen. Elf Jahre dauert es, bis ein Öko-Betrieb den ersten ausgewachsenen Baum verkaufen kann.

Rent-a-tree: Die Idee, Bäume samt Topf zu mieten, klingt erst mal nachhaltig. Für Umweltexperte Rudolf Fenner ist das Leihmodell aber Augenwischerei. Wer sich über mehrere Jahre an ein und demselben Baum erfreuen will, zahlt einen hohen Preis – finanziell und ökologisch. So pendelt der Weihnachtsbaum zwischen Wohnzimmer und Baumschule, wo er elf Monate im Jahr gepflegt und umgetopft wird. An den Festtagen wird der Nadelbaum dann aus seinem Winterschlaf gerissen. In beheizten Räumen leidet er, keimt zu früh und verliert an Lebenserwartung.

Plastik-Struwwelpeter: Nach fünf Weihnachtsfesten bleibt von der PVC-Massenware oft nur ein struppiges Gerippe. Rudolf Fenner von Robin Wood rechnet vor, dass die CO2-Bilanz des PVC-Baums erst nach knapp 20 Jahren mit der des Holzkollegen mithalten könne.

Kreativbaum: Wer sagt eigentlich, dass Weihnachtsbäume aus Holz oder Plastik sein müssen? Geschenke unter Kleiderbügeln, Bücherstapeln und Lampenschirmen können mindestens genau so viel Freude bereiten. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Der ökologische Fußabdruck ist dabei klein.

Alicia Hasselbach, EnBW;Henrik Rampe, freier Journalist

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