Nina Apin über die Aufhebung des „Päpstlichen Geheimnisses“
: Ein Hauch von Transparenz

Er tut es also wirklich: Papst Franziskus hat angekündigt, das sogenannte Päpstliche Geheimnis in Fällen sexuellen Missbrauchs aufzuheben. Das bedeutet, dass Akten zu Missbrauchsfällen, die in Vatikan-Einrichtungen oder Bistumsarchiven aufbewahrt werden, Ermittlungsrichtern von anfordernden Ländern übermittelt werden müssen. Die Strafverfolgung wird also erleichtert, denn bisher waren kirchliche Personalstellen nicht gezwungen, Akten herauszugeben. Noch dazu hat der Papst jetzt allen MitarbeiterInnen, die einen Missbrauchsfall nicht melden, nicht nur moralisch ins Gewissen geredet, sondern ihnen sogar Geld- oder Haftstrafen angedroht.

Es war nicht unbedingt damit zu rechnen, aber offenbar folgen dem von Franziskus im Frühjahr einberufenen Anti-Missbrauchs-Gipfel in Rom tatsächlich Taten. Nach immer neuen Skandalen will der Papst Schluss machen mit der systematischen Vertuschung von sexuellem Kindesmissbrauch durch Kirchenmänner. Eine Kultur der Nulltoleranz wurde bereits von ganz oben angekündigt, doch das blieb ein frommer Wunsch: Solange es keine zwingende Transparenz für Opfer und staatliche Strafverfolgungsbehörden gab, war es für einen personalverantwortlichen Bischof noch immer verlockender, einen übergriffigen Priester einfach stillschweigend zu versetzen, statt dessen Vergehen seinen Kirchenoberen zu melden.

Die Pflicht zur Transparenz gibt es jetzt, zumindest im Ansatz. Der entscheidende Schritt fehlt aber noch. Ob Franziskus und seine Kirche diesen zu gehen bereit ist, hängt davon ab, wie ernst sie es wirklich meinen mit dem Kampf gegen sexuelle Gewalt. Erst, wenn sämtliche Akten zu Missbrauchsfällen, die irgendwo im Vatikan lagern, einer unabhängigen außerkirchlichen Aufarbeitung zugänglich gemacht werden, wird das volle Ausmaß des Schadens öffentlich werden, das die Kirche Kindern in ihrer Obhut zugefügt hat. Und erst dann gibt es die Chance einer ehrlichen Aufarbeitung.

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