piwik no script img

Kompromiss zur GrundrenteNicht alle sind erfreut

Einige CDU-Konservative mäkeln wegen der Einigung über die Grundrente. Dienstag wird in der CDU-/CSU-Fraktion über den Kompromiss abgestimmt.

Nach der Pressekonferenz zur Grundrente: Markus Söder, Annegret Kramp-Karrenbauer und Malu Dreyer Foto: Sören Stache/dpa

Berlin taz | Annegret Kramp-Karrenbauer macht am Montagmittag im Konrad-Adenauer-Haus einen aufgeräumten Eindruck. Das war nicht immer so. In letzter Zeit wirkte sie angefressen. Im CDU-Präsidium, erklärt sie freudig, gab es keine Stimme gegen die Grundrente, im CDU-Bundesvorstand drei. Eine kam von dem Junge-Union-Chef Tilman Kuban. Die CDU-Chefin ordnete die Kritik des Jungkonservativen jovial ein. Die JU habe bei Belastungen für Jüngere besonders skeptisch zu sein. Die Botschaft: Alles ganz normal.

Hermann Gröhe, der für die CDU den Kompromiss mit ausgehandelt hatte, soll im Bundesvorstand die Junge Union scharf angegangen sein. Deren Gerede über arme Rentner von „Mercedes in der Garage“ sei abstoßend. Die Grundrente soll zudem weniger als 1,5 Mil­liar­den Euro im Jahr kosten. Das ist angesichts von 260 Milliarden Euro Rentenzahlung weit weniger als 1 Prozent. Und auch weniger als die Mütterrente, die rund 6 Milliarden kostet, keiner Einkommensprüfung unterliegt und von der CSU durchgesetzt wurde.

Dass in der Union ein Machtkampf um die Merkel-Nachfolge tobt, ist am Montag weniger an der Anzahl der Kritiker zu merken als am rhetorischen Niveau. Der CDU-Rechte Christian von Stetten wirft seiner Parteiführung vor, „den Koalitionsvertrag zu brechen, um die Ko­alition über den SPD-Parteitag hinaus zu retten. Das wird ja immer verrückter in Berlin.“ Sprechend ist der polemische Ton: Berlin wird immer verrückter.

Auch Carsten Linnemann, Chef der Mittelstandvereinigung, protestiert. Die „Bedürftigkeitsprüfung findet nicht statt“, so die rechte steile Kritik. Weil nicht auch das Vermögen der Rentner geprüft werde, sei dies ein Dammbruch im gesamten Sozialsystem.

Wie stark die Grundrentenkritiker wirklich sind, wird sich am Dienstag in der Fraktion zeigen. Auf die CSU kann die CDU-Rechte eher nicht rechnen: Die CSU sieht die Grundrente positiv. Und: Die Grundrente nutzt älteren Ärmeren – wer da auf den Gong haut, verstört auch ein gut Teil der Unionsanhängerschaft.

Bei der SPD-Führung ist der Sound ungebrochen freundlich. Malu Dreyer, kommissarische SPD-Chefin, meint, der Kompromiss habe „die Halbzeitbilanz gut abgerundet“. Es gebe in Sachen Grundrente nur „einige wenige kritische Stimmen in der SPD“. Der SPD-Vorstand winkte den Kompromiss, den auch Sozialverbände recht positiv bewerten, durch.

Das Gros der SPD-Fraktion und die Parteispitze wollen unbedingt in der Regierung bleiben. Für sie kommt die Einigung im perfekten Moment. Nächste Woche beginnt die zweite Wahlrunde für den SPD-Vorsitz. Die Chancen, dass Olaf Scholz und Klara Geywitz von der Basis gewählt werden, sind mit dem Grundrentenkompromiss gestiegen. Auch ein Ja zur Groko des SPD-Parteitags am 6 Dezember rückt damit näher. Scholz’ Konkurrent Norbert Walter-Borjans äußert sich vorsichtig positiv. Mit dem Grundrentenkompromiss könne „man fürs Erste leben“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Jetzt kann sich die GroKo endlich wieder den wirklich wichtigen Themen zuwenden - etwa den Diätenerhöhungen nur nach Einkommens- und Vermögensprüfung. Schließlich gibt es doch keinerlei Veranlassung, finanziell ohnehin gut abgesicherten Abgeordneten weiterhin auch noch Diäten auszuzahlen (;-))