: „Arier“ wollen einschüchtern
Rechtsextreme Gruppe ist in und um Bad Segeberg aktiv. Gegendemo für den 9. November angekündigt
Von Andreas Speit
Die Tat spiegelt die Militanz wider: Am 17. Oktober griff ein Anhänger der rechtsextremen Gruppe „Aryan Circle Nord“ im schleswig-holsteinischen Sülfeld eine 48-jährige Frau und einen 58-jährigen Mann an. Die beiden hatten in der Gemeinde bei Bad Segeberg Aufkleber mit rechtsextremen Parolen entfernt. Der Angreifer, ein 23-Jähriger, verletzte die Frau mit einem Faustschlag, den Mann mit Reizgas.
Seit er von Nordhessen aus zurückgekehrt ist in seinen Geburtsort Bad Segeberg, hat der mehrfach verurteilte Rechtsextremist Bernd Tödter einen deutschen „Circle“ aufzubauen verstanden, also eine Gliederung der US-amerikanischen Organisation „Aryan Circle“. Der Verfassungsschutz bestätigt, dass „aus anfangs virtuellen Gruppierungen im Netz ohne feste Organisationsstruktur inzwischen organisierte Gruppen mit aggressiv-kämpferischem Auftreten in der Realwelt“ geworden sind. Tödters Circle soll demnach bis zu 15 Mitglieder umfassen.
„Einer der gewaltbereitesten und gefährlichsten rechtsextremen Intensivtäter Schleswig-Holsteins“, sagt Tobias von Pein, in der SPD-Landtagsfraktion für das Thema Rechtsextremismus, über Tödter; für diesen sei ein Menschenleben nichts wert.
Seit den frühen 1990er-Jahren ist Tödter durchgängig in gewaltbereiten Gruppierungen aktiv. Er hat zahlreiche Haftstrafen wegen Gewaltdelikten verbüßt, unter anderem, nachdem er 1993 zusammen mit anderen einen Obdachlosen zu Tode prügelte. Verfahren wurden aber unter anderem auch wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung eröffnet. Im Raum Kassel war Tödter im Milieu von „Combat 18“ aktiv und gründete eine Organisation namens „Sturm 18“ – diesem soll auch der mutmaßliche Mörder des Politikers Walter Lübcke angehört haben.
In Bad Segeberg versucht der „Arische Kreis“, nachhaltig Menschen einzuschüchtern. So wurden aus der Gruppe heraus Teilnehmer*innen des Klimastreiks Ende September fotografiert. Die Anmelderin der damaligen Demonstration bekam auch schon Besuch von Unbekannten: Mehrere Männer klingelten an ihrer Haustür. An Häusern, in denen Migrant*innen wohnen, hat die Gruppe in letzter Zeit Aufkleber geklebt.
„Man hat das Gefühl, dass Bernd Tödter und seine Gruppe omnipräsent im Stadtbild sind“, sagt eine Aktivistin der Initiative „Segeberg bleibt bunt“. Mehr als 40 Mitglieder haben sich dem noch recht jungen zivilgesellschaftlichen Bündnis angeschlossen. Unter dem Motto „Wir sind mehr“ ruft es für den 9. November zur Demo gegen rechts in Bad Segeberg auf.
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