piwik no script img

Drohvideo kam zu spät

Hat ausländischer Nachrichtendienst Amri-Video bewusst zurückgehalten?

Innenpolitiker im Bundestag fragen sich, ob ein ausländischer Nachrichtendienst vor dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt 2016 in Berlin womöglich ein Drohvideo des späteren Attentäters bewusst zurückgehalten hat. Denn wäre das Video früher aufgetaucht, hätte der Anschlag vielleicht verhindert werden können.

Auf dem Video, das dem Bundesnachrichtendienst (BND) erst nach dem Terroranschlag in Berlin zugegangen sein soll, ist nach Auskunft von Bundestagsabgeordneten zu sehen, wie Anis Amri eine Schusswaffe hält und eine „Kopf-ab-Geste“ macht.

Es sei eine „Unverschämtheit“, wie die Bundesregierung bisher mit Anfragen des Parlaments zu dem Video umgegangen sein, sagte der FDP-Obmann Benjamin Strasser am Donnerstag am Rande einer Sitzung des Untersuchungsausschusses des Bundestages zum Anschlag auf dem Breitscheidplatz.

Amri hatte am 19. Dezember 2016 einen Lastwagen gekapert, mit dem er über den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche raste. Er tötete zwölf Menschen. Nach der Tat floh er nach Italien, wo ihn die Polizei vier Tage später erschoss.

Der marokkanische Geheimdienst hatte die deutschen Behörden im November 2016 vor Amri gewarnt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz sagte damals zu, den Hinweisen aus Marokko nachzugehen. Der Nachrichtendienst fragte aber lediglich beim US-Geheimdienst nach, was davon zu halten sei. Die Antwort der Amerikaner kam nach dem Anschlag. Auch die Information über die Existenz des brisanten Videos soll beim BND erst am 27. Dezember 2016 eingegangen sein.

Das Video, das Amri mutmaßlich mit der späteren Tatwaffe zeigt, soll im November 2016 entstanden sein, als der Islamist von den Berliner Behörden als nicht mehr besonders gefährlich eingestuft wurde. Es sei erst am 9. März 2017 an das Bundeskriminalamt übermittelt worden. (dpa)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen