UN-Generaldebatte in New York: Iraner in der Defensive

US-Präsident Donald Trump hat dem Iran mit neuen Sanktionen gedroht. Auch die Europäer positionieren sich immer deutlicher gegen Teheran.

Donald Trump an einem Rednerpult vor vielen Menschen in einem Saal mit mintgrünem Teppich

Sprach von einem „Blutrausch“ des Irans: Trump am Dienstag vor den UN in New York Foto: reuters

BERLIN taz | Einen unbeschwerten New-York-Besuch dürften Irans Präsident Hassan Ruhani und sein Außenminister Dschawad Sarif in diesen Tagen nicht genießen. Während Könige, PräsidentInnen und Regierungschefs zur alljährlichen Generaldebatte der Vereinten Nationen in New York zusammenkamen, blies den Iranern im UN-Hauptquartier kräftig der Wind entgegen.

US-Präsident Trump griff in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung den Iran scharf an. Alle Nationen seien verpflichtet, gegen den Iran zu handeln, dessen Regime Terror in der Region fördere. Er sprach von einem „Blutrausch“ Irans und drohte eine Verschärfung der Sanktionen an.

UN-Generalsekretär António Guterres drückte in seiner Eröffnungsrede zwar seine Hoffnung aus, dass das internationale Atomabkommen mit dem Iran noch gerettet und ein bewaffneter Konflikt am Golf vermieden wird. Doch befindet sich Teheran zunehmend in der Defensive, gerät doch mit der Eskalation der Lage am Golf auch die Unterstützung der Europäer für den Atomdeal ernsthaft ins Wanken.

Immer weiter nähern sich die Europäer der Position der USA an, die das Abkommen im vergangenen Jahr einseitig aufgekündigt haben. Just am Vorabend der Generaldebatte machten die drei europäischen Unterzeichnerstaaten des Abkommens – Großbritannien, Deutschland und Frankreich – den Iran für den Angriff auf Ölanlagen in Saudi-Arabien Mitte des Monats verantwortlich. Der Iran wies die Schuldzuweisung empört zurück. Die Erklärung der Europäer sei „auf der Basis grundloser Unterstellungen“ erfolgt, sagte Ruhani am Rande der Generaldebatte.

Keine neuen Informationen zu Angriff auf Ölanlagen

Die Erklärung Großbritanniens, Deutschlands und Frankreichs ist eine bedeutende Positionierung der Europäer, die offiziell noch immer versuchen, das historische Abkommen mit dem Iran zu retten. Dass sie den Iran nun eines Angriffs auf die globale Ölversorgung beschuldigen, ist ein gewaltiger Rückschlag für diese Bemühungen.

„Für uns ist deutlich, dass der Iran Verantwortung für diesen Angriff trägt“, heißt es in dem Text – ganz ähnlich hatte sich die US-Regierung geäußert, ohne allerdings stichfeste Beweise für eine Beteiligung Teherans vorzulegen. Auch London, Paris und Berlin scheinen keine neuen Informationen zu haben, die beweisen, dass der Iran tatsächlich hinter den Angriffen steckt. Das jedenfalls legt die vage Formulierung in dem Text nahe: „Es gibt keine andere plausible Erklärung“, heißt es dort.

Am Montag war Großbritanniens Premierminister Boris Johnson überraschend klar auf die Trump’sche Linie eingeschwenkt, als er andeutete, dass sich London ähnlich wie die USA einseitig aus dem Abkommen zurückziehen könnte. Er glaube, dass Trump einen „besseren Deal“ mit dem Iran aushandeln könne, sagte Johnson ganz im Trump-Sprech. Rhetorisch lag Johnson damit deutlich näher an Washington als an seinen europäischen Verbündeten.

Neben der Schuldzuweisung an den Iran deutet ein weiterer Passus auf eine mögliche Kehrtwende der Europäer in der Iranfrage hin. So heißt es in dem Text, es sei an der Zeit, „dass der Iran Verhandlungen über einen langfristigen Rahmen für sein Atomprogramm“ aufnimmt, was auch das Raketenprogramm beinhalte. Genau das will Trump erreichen. Ihm hat der Irandeal von 2015 nie gereicht. Seine Hauptkritik richtete sich gegen jene nun von den Europäern betonten Punkte: dass das Abkommen eine atomare Bewaffnung des Iran nicht langfristig verhindere und dass das iranische Raketenprogramm ausgeklammert wurde.

Merkel trifft Irans Präsident Ruhani

Bundeskanzlerin Angela Merkel wollte sich am Rande der Generaldebatte noch am Dienstag mit Ruhani und Trump getrennt voneinander treffen. Auch der französische Staatschef Emmanuel Macron bemühte sich, zwischen den beiden zu vermitteln. Er wolle Trump und Ruhani in persönlichen Gesprächen zu einem bilateralen Treffen bewegen, sagte er.

Bei der Generaldebatte legen Vertreter aller UN-Mitgliedsstaaten ihre Sicht der Dinge auf die Konflikte der Welt dar. Als ­erster Staatschef sprach Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro, der die Souveränität seines Landes über den Amazonas-Regenwald gegen vermeintliche kolonialistische Bestrebungen hervorhob und betonte, er werde keine weiteren indigenen Schutzgebiete ausweisen. ExpertInnen weisen immer wieder darauf hin, dass die Ausweitung solcher Gebiete der wirksamste Schutz gegen Waldbrände sei. Neben Frankreich verschärfte er den Ton auch gegenüber Venezuela und Kuba.

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