Entscheidung des Verfassungsgerichts: Nazi durfte diskriminiert werden

Ex-NPD-Chef Udo Voigt scheitert in Karlsruhe mit einer Verfassungsbeschwerde. Er sah sich von einem Hotel-Hausverbot benachteiligt.

Man sieht ein Portrait von Udo Voigt.

Der Ex-NPD-Chef Udo Voigt scheitert in Karlsruhe Foto: dpa

KARLSRUHE taz | Ein Wellness-Hotel in Brandenburg* durfte dem damaligen NPD-Vorsitzenden Udo Voigt Hausverbot erteilen. Dadurch wurden keine Grundrechte Voigts verletzt, entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht.

Voigts Frau hatte 2009 einen Ferienaufenthalt im Hotel Espla­nade in Bad Saarow gebucht. Das Hotel hatte die Buchung zunächst bestätigt, Voigt dann aber Hausverbot erteilt. Man wolle jedem Gast „ein exzellentes Wohlfühlerlebnis“ bieten, schrieb das Hotel zur Begründung.

Dagegen klagte Voigt und erzielte 2012* vor dem Bundesgerichtshof (BGH) einen Teilerfolg. Der bereits geschlossene Vertrag hätte nicht gebrochen werden dürfen, so der BGH. Nur das in die Zukunft zielende Hausverbot wurde vom BGH akzeptiert. Voigts Verfassungsbeschwerde richtete sich deshalb nur noch gegen das Hausverbot. Er werde aufgrund seiner politischen Überzeugungen „diskriminiert“, klagte Voigt.

Voigt scheiterte nun aber vor dem Bundesverfassungsgericht. Das Grundgesetz gebe ihm keinen Anspruch auf Gleichbehandlung durch ein Hotel, so die Verfassungsrichter. In dem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss ging es vor allem um die Frage, in welchen Konstellationen auch Privatpersonen und Privatunternehmen an die Grundrechte gebunden sind. Historisch waren Grundrechte immer Abwehrrechte gegen den Staat. Daran hielt das Verfassungsgericht nun grundsätzlich fest. Im Prinzip könne jede Person frei entscheiden, „mit wem sie wann unter welchen Bedingungen welche Verträge abschließen“ will, heißt es in dem Beschluss.

Nicht bloßgestellt und stigmatisiert

Allerdings könne es hiervon auch Ausnahmen geben, betonten die Richter und erinnerten an eine Grundsatzentscheidung von 2018. Damals ging es um Stadionverbote von Fußballvereinen für mutmaßliche Hooligans. So seien Veranstalter von Großereignissen „mittelbar“ an die Grundrechte gebunden, wenn das Ereignis allen offenstehe und für die Teilnahme am öffentlichen Leben wichtig ist. Auch Personen und Unternehmen, die über ein Monopol oder eine ähnliche Überlegenheit verfügen, seien mittelbar zur Beachtung der Grundrechte verpflichtet. Das alles treffe aber für den Urlaub Udo Voigts in einem Wellness-Hotel nicht zu, betonten die Richter.

Die Richter ließen offen, ob es möglicherweise zusätzliche Fälle von privater Grundrechtsbindung gibt, wenn es um die Diskriminierung politischer Ansichten gehe. Im Fall von Voigt spreche aber nichts dafür, dass seine Grundrechte durch das Hausverbot des Hotels verletzt sein könnten. So sei Voigt nicht öffentlich bloßgestellt und stigmatisiert worden. Denn das Hausverbot sei ihm nicht erst an der Rezeption mitgeteilt worden, sondern schon vorab per Brief. Auch wurde Voigt nicht von allen Hotels boykottiert und sei damit nicht vom öffentlichen Leben ausgeschlossen.

Dagegen können sich die Hotelbetreiber auf das Eigentumsgrundrecht und „unternehmerische Berufsfreiheit“ berufen, betonten die Verfassungsrichter. Ein Wellness-Hotel sei potenziell durch Gäste gestört, die Beschwerden, Proteste und „Spannungen im Betriebsablauf“ auslösen können. Dass Voigt rassistische und verfassungsfeindliche Haltungen vertritt, spielte dabei keine Rolle. Die Richter nannten seine Positionen lediglich „polarisierend“.

Privatpersonen und Unternehmen haben also gewisse Möglichkeiten, Rechtsextremisten zu boykottieren. Je erfolgreicher und ausgrenzender ein Boykott allerdings ist, desto wahrscheinlicher dürfe das Bundesverfassungsgericht doch eine Verletzung der Grundrechte annehmen.

Seit 2002 gilt im Zivilrecht bereits das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz. Es schützt vor Diskriminieriung im Arbeitsleben und bei Massengeschäften, etwa im Supermarkt oder Restaurant. Allerdings sind hier nur bestimmte Diskrimninierungen verboten, etwa wegen des Geschlechts und der Religion – nicht aber wegen politischer Anschauungen.

* Korrektur: In einer früheren Version des Textes war irrtümlich von Mecklenburg-Vorpommern beziehungsweise 2002 die Rede.

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