Klimamarsch im Tränengas

In Paris ist die Polizei mit Härte, Verboten und zahlreichen Festnahmen gegen ein Zusammengehender Gelbwesten mit der Klimaschutzbewegung vorgegangen. Verhindern konnte sie es letztlich nicht

Aus Paris Rudolf Balmer

Nach dem Klimamarsch am Samstag in Paris müssen sich OrganisatorInnen und Teilnehmende fragen, ob sie künftig noch demonstrieren können, dürfen, sollen. Am Freitag waren in Paris mehr als 10.000 Jugendliche zum weltweiten Klimastreik ungehindert auf die Straße gegangen, um entschlossen, aber gewaltlos Maßnahmen gegen die Erderwärmung zu fordern. Doch am Samstag mündete ein Klimamarsch von Umweltgruppen mit mehr als 30.000 Teilnehmenden, an dem sich auch Gilets jaunes beteiligen wollten, fast von Beginn in gewaltsames Chaos.

Da die Polizei nach ersten Zusammenstößen mit dem Schwarzen Block, der auf dem Boulevard Saint-Michel Banken und Geschäfte attackierte und Motorräder anzündete, wahllos Tränengas abfeuerte und zugleich alle Seitenstraßen abriegelte, saßen Tausende ohne Fluchtmöglichkeiten in der Falle. „Wir sind entsetzt über die Entscheidung der Regierung, die Zehntausende Teilnehmer einer angekündigten und von den Behörden bewilligten Demonstration in Gefahr gebracht hat. Dies ist ein Zeichen für eine zunehmende Bedrohung unserer Grundfreiheiten und für die Absicht der Regierung, Angst unter den Gegnern ihrer Politik zu säen und so die soziale Bewegung zu zerbrechen“, erklärten Attac, Greenpeace, 350.org, CRID, Notre Affaire à tous, Le Mouvement – Il est encore temps und ANV-COP21 & Alternatiba.

Greenpeace forderte aus Empörung über die Polizei kurz darauf dazu auf, die Demonstration – wenn möglich – zu verlassen. Wenn Familien und andere gewaltlos Demonstrierende mit Tränengas beschossen würden, seien die Bedingungen für friedlichen Protest nicht mehr gegeben. Später kam der Demonstrationszug noch in Bewegung. Begleitet von Konfrontationen und Festnahmen erreichte er sein Ziel nahe der Bibliothek François Mitterrand. Dort besetzten Umweltaktivisten eine Brücke und brachten Spruchbänder an, die Emmanuel Macrons Klimapolitik als heuchlerisch verurteilten.

Doch gingen die Auseinandersetzungen in verschiedenen Stadtteilen weiter. Dabei wurden auch Unbeteiligte in Mitleidenschaft gezogen. Im Online-Magazin Médiapart berichtet ein Fotojournalist, dessen Helm von der Polizei widerrechtlich beschlagnahmt wurde, von Szenen beim Bahnhof Saint-Lazare: „Die Polizisten haben uns verfolgt. Wir waren in einem Tränengasnebel, das Gas drang bis in die Gänge der Metro 14. Kinder weinten, alte Leute mussten rennen.“

Am Abend gelang es 2.000 Menschen auf dem Bastille-Platz, für das Klima zu demonstrieren, später kam es auf dem Champs-Elysées zu Gewalt zwischen Gelbwesten und Polizei, die nach eigenen Angaben 163 Personen festnahm und davon 120 inhaftierte. Am Samstag hatten die Behörden eine „Konvergenz“ verschiedener Protestbewegungen in Paris befürchtet und ein Großaufgebot der Polizei bereitgestellt. Am selben Tag waren gewerkschaftliche Demos gegen die geplante Rentenreform, die 45. Mobilisierung der Gilets jaunes sowie der Klimamarsch der Umweltorganisationen vorgesehen, die sich teilweise auf der Straße vereinen wollten. Für Quartiere wie am Champs Elysée und rund um Regierungsgebäude war wie bei den früheren Gelbwesten-Demos ein Versammlungsverbot erlassen worden.

Schon am Morgen kontrollierten und durchsuchten Polizisten Menschen, die sie für mögliche Demonstranten hielten. Den Beginn einer „Konvergenz“ der sozialen und umweltpolitischen Bewegungen konnte die Regierung nicht verhindern. In Paris und anderen Städten haben insgesamt 150.000 Menschen für das Klima demonstriert. Unter ihnen sah man auch Menschen mit gelben Westen und roten Gewerkschaftsfahnen.

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