: In die Arme der Polizisten geklettert
Nach drei Tagen beenden die Wilhelmsburger UmweltaktivistInnen ihre Baumbesetzung. Sie protestieren gegen die Rodung eines Waldes für das geplante Spreehafenviertel
Von Marco Carini
Um kurz nach 13 Uhr war alles vorbei. Wie kurz zuvor angekündigt, verließen die drei verbliebenen Umweltaktivisten ihre Plattform im Astwerk und kletterten die von ihnen besetzte Eiche hinab. Sie wurden von der Polizei in Empfang genommen und in eine nahegelegene Wache zur Personalienfeststellung abtransportiert. Kurz darauf waren sie wieder auf freiem Fuß. Damit endete am Mittwoch ganz unspektakulär eine höchst medienwirksame Protestaktion gegen die Bebauung eines Waldstücks am Honartsdeicher Weg in Wilhelmsburg. Bereits am Montag hatte die Polizei drei weitere BaumbesetzerInnen abgeseilt und weggetragen.
Ein Polizist vor Ort ließ durchblicken, dass die BaumbesetzerInnen nicht strafrechtlich belangt werden sollen. Die BeamtInnen hatte den verbliebenen drei Aktivisten zuvor ein Ultimatum gestellt und gedroht mehrere Bäume abzuholzen, um eine Schneise zu der besetzten Eiche zu schlagen, die auch ein Einsatzfahrzeug mit Hubbühne passieren könne. Um den Kahlschlag zu verhindern, gaben die UmweltaktivistInnen auf.
Zuvor hatten sie, unbeeindruckt von Regenschauern und nächtlicher Kälte, drei Tage und Nächte auf dem Baum ausgeharrt um gegen die Rodung von insgesamt fast 18 Hektar Waldfläche – darunter etwa drei Hektar naturbelassenem „Pionierwald“ – für den Neubau von gut 1.000 Wohnungen und umfangreicher Gewerbeflächen zu protestieren. Auf einer Gesamtfläche von 20 Hektar soll hier, nach der Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße, das neue Spreehafenquartier entstehen.
Sigrun Clausen von der Initiative „Waldretter Wilhelmsburg“ freute sich nach dem Abstieg der AktivistInnen darüber, dass die Besetzung „durchweg friedlich verlaufen“ sei und „das mediale Interesse“ für den Erhalt des Waldstücks geweckt habe. Das von der Initiative veranstaltete Große Waldfest zur Rettung des verbliebenen Waldes des Stadtteils am vergangenen Wochenende – zu dem immerhin rund 800 BesucherInnen gekommen waren – hätte hingegen kaum eine Resonanz der Medien erhalten. Am Rande der Feier hatten die sechs Männer und Frauen die Eiche erklommen und in etwa acht Metern Höhe eine Plattform aus Balken und Brettern gebaut und Transparente gespannt.
„Wir werden alles tun, um den Wald zu retten und zu schützen“, kündigt Clausen an, die entstandene mediale Aufmerksamkeit zu nutzen und den Protest weiter zu intensivieren. Eine erste Kostprobe davon dürfte gestern Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) erhalten haben, der nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe am Mittwochabend auf Einladung der Initiative „Zukunft Elbinsel“ im Bürgerhaus Wilhelmsburg zu Gast war. Auch die Waldrettungs-Initiativen hatten zuvor zu dem Termin mobilisiert, der unter dem verheißungsvollen Motto stand: „Was ich dem Bürgermeister schon immer mal sagen wollte.“
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