Journalist aus Straflager verlegt

Der Ukrainer Oleg Sentzow wird aus einem Lager nach Moskau verlegt. Kommt ein Gefangenenaustausch?

Von Barbara Oertel

In den Fall des in Russland inhaftierten ukrai­nischen Filmemachers Oleg Sentzow kommt Bewegung: Am Donnerstag berichteten zwei russische Nachrichtenagenturen, der 43-Jährige sei aus der Strafkolonie IK-8 (Weißer Bär), die bei Labytnangi am Polarkreis liegt, nach Moskau überstellt worden.

2014 war Sentzow – ein Kritiker der Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin – auf der Krim unter der Vorwurf festgenommen worden, mehrere Terroranschläge auf der von Russland völkerrechtswidrig annektierten Halbinsel vorbereitet zu haben. Ein Jahr später verurteilte ihn ein Gericht in Rostow am Don zu 20 Jahren Lagerhaft.

2018 trat Sentzow in einen mehrmonatigen Hungerstreik. Unter den gesundheitlichen Folgen leidet er bis heute. Ende vergangenen Jahres nahm der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg (EGMR) eine Klage Sentzows an. Geständnisse seien unter Folter zustande gekommen und Beweise gefälscht worden. Der gesamte Prozess sei politisch motiviert gewesen, hieß es darin.

Die Verlegung Sentzows steht wohl in einem direkten Zusammenhang mit dem Fall von Kirill Wyschinski. Ein Kiewer Berufungsgericht hatte am Dienstag entschieden, den russisch-ukrainischen Journalisten unter Auflagen bis zu dessen Prozess auf freien Fuß zu setzen.

Wyschinski war Chef des Kiewer Büros der russischen staatlichen Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Dieses beschuldigen die ukrai­nischen Behörden, an einem „hybriden Informationskrieg“ gegen die Ukraine beteiligt zu sein. Wyschinski wurde vorgeworfen, Geld von anderen russischen, in der Ukraine regis­trierten Medienunternehmen bekommen zu haben, um Beziehungen zwischen RIA Nowosti und dem russischen Mediengiganten Rossija Segodnja zu verschleiern. Im Fall einer Verurteilung drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft.

Die beiden Fälle Wyschinski und Sentzow könnten auf einen baldigen Austausch von Gefangenen zwischen Russland und der Ukraine hindeuten. Informationen der ukrainischen Website Zerkalo Nedeli (Wochenspiegel) zufolge hatten die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmilla Denisowa, und Russlands Ombudsfrau Tatjana Moskalkowa bereits am 16. Juli entsprechende Listen ausgetauscht. Auf der Kiewer Liste stehen die Namen von 150 ukrainischen Gefangenen, von denen einige dringend medizinische Hilfe benötigen.