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Klares Urteil, fehlende Einsicht

Die AfDler Wolfgang Gedeon und Stefan Räpple wurden zu Recht aus dem Landtag ausgeschlossen

Aus Stuttgart Benno Stieber

Das Urteil hatte kaum klarer ausfallen können, auf Einsicht ist trotzdem nicht zu hoffen. Der baden-württembergische Verfassungsgerichtshof wies heute eine Klage der Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon und Stefan Räpple, beide AfD-Mitglieder, zurück. Sie hatten gegen ihren zeitweisen Ausschluss aus dem Stuttgarter Landtag Beschwerde eingelegt. Dass der temporäre Rausschmiss erforderlich und angemessen gewesen sei, dagegen gebe es keine Bedenken, urteilten heute die Richter.

Es war die Landtagssitzung vom 12. Dezember 2018, als Stefan Räpple mit dem Zwischenruf „So sind sie, die roten Terroristen“ erst für einen Ordnungsruf und dann nach fortgesetzter Störung für einen Eklat sorgte. Nachdem die Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) Räpple von der Sitzung ausgeschlossen hatte, weigerte sich dieser, den Saal zu verlassen, Zum ersten Mal in der Landtagsgeschichte musste ein Abgeordneter mithilfe der Polizei des Saales verwiesen werden.

Mit persönlichen Angriffen gegen Aras handelte sich wenig später auch Wolfgang Gedeon Ordnungsrufe und letztlich seinen Ausschluss ein, der erneut erst mit Polizeipräsenz durchgesetzt werden konnte.

Beide Maßnahmen seien im Ermessen des Parlamentspräsidiums, urteilte jetzt das Verfassungsgericht. „Ist einem Abgeordneten die rote Karte gezeigt worden, so hat er – im Interesse einer möglichst ungestörten Fortsetzung der Sitzung – zwingend das Spielfeld zu verlassen“, formulierten die Richter. Mögliche Fehlentscheidungen könnten von betroffenen Abgeordneten, wie jetzt geschehen, nachträglich angefochten werden.

Das Gericht stellt mit seiner Entscheidung außerdem klar, dass von den Abgeordneten während der Sitzung durchaus Kritik an der Leitung eines Parlamentspräsidenten geübt werden dürfe – so lange diese sachlich vorgetragen wird. Äußerungen Gedeons, die sich auf die Herkunft der Landtagspräsidentin bezogen, brandmarkten die Richter dagegen als „persönlichen Angriff mit diskriminierenden Charakter“. Gedeon hatte gesagt, Aras könne „so ein Parlament in Anatolien führen“, aber nicht den Landtag.

Nun sind Gedeon und Räpple auch nach den arg ausgeleierten Maßstäben der baden-württembergischen AfD-Fraktion politische Querschläger. Der frühere Arzt Gedeon, inzwischen fraktionslos, war der Grund für die zeitweise Spaltung der AfD-Fraktion. Als Autor antisemitischer Schriften war er selbst in der eigenen Fraktion umstritten. Der selbstständige Hypnotiseur Räpple fiel schon durch Tätlichkeiten gegen eigene Fraktionskollegen auf und unterstützt Gedeon in seinen Positionen. Gegen beide läuft ein Parteiausschlussverfahren.

Vor diesem Hintergrund ist es wenig erstaunlich, dass Räpple und Gedeon das Urteil als „Ergebnisjustiz getragen von einer Staatsideologie“ bezeichneten. Zudem befand Räpple, der Verfassungsgerichtshof sei „durch Parteimitgliedschaften korrumpiert“. Das Urteil habe keine Auswirkung auf ihr künftiges Verhalten, kündigten beide Kläger an.

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