Impfpflicht für Geflüchtete: Keine Impfgegner unter Flüchtlingen

Die Forderung von Gesundheitsminister Spahn (CDU) nach einer Impfpflicht für Flüchtlinge ist überflüssig. Gerade sie nehmen Impfungen gut an.

Auf einem Tisch in einer Flüchtlingsunterkunft warten gelbe Impfpässe auf ihre Besitzer*innen.

Impfpässe warten in einer Flüchtlingsunterkunft auf ihre Empfänger*innen Foto: dpa

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) prescht vor. Er hat in den letzten Monaten daran gearbeitet, die vom Brandenburger Landtag im April beschlossene Masern-Impfpflicht für Kita-Kinder in ein Bundesgesetz zu gießen. Am Mittwoch will er seinen Gesetzesentwurf vorstellen. Seine Ideen ließ er schon mal in einem Interview mit der Bild am Sonntag durchschimmern. Eine Impfpflicht soll es sowohl für Kinder in Kitas geben als auch insbesondere für Flüchtlinge. Das brachte dem Minister immerhin die Bild-Schlagzeile „Spahn will Impfpflicht in Flüchtlingsheimen“ ein.

Bei denjenigen, die beim Land und in den Kommunen für den Impfschutz für Flüchtlinge zuständig sind, stößt diese Forderung auf Irritation. Brandenburgs Gesundheitsstaatssekretär Andreas Büttner (Linke), dessen Haus die Debatte angestoßen hat, findet sie komplett falsch. Aus Flüchtlingsunterkünften würden keine Fälle von Masern gemeldet werden, auch seien sie nicht als Impfgegner bekannt. Im Gegenteil.

Flüchtlinge, die in Berlin oder Brandenburg ankommen, werden innerhalb der ersten zwei, drei Tage ärztlich untersucht. Alle, lückenlos – egal, ob sie einen Asylantrag stellen, ob sie wieder ausreisen oder abgeschoben werden. Und wenn der Impfstatus unklar ist, raten ihnen die Ärzt*innen dazu, sich gegen eine Reihe von Krankheiten impfen zu lassen: Mumps, Diphtherie, Tetanus, Polio, Keuchhusten oder Röteln, bei Kindern Windpocken. Und eben auch gegen Masern.

Die Flüchtlinge nähmen die Impfungen sehr gut an. Das sagen Olaf Jansen, Leiter von Brandenburgs zentraler Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt, und Alexander Straßmeir, Präsident des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten in Berlin. Auch bei den Folgeimpfungen seien sie diszipliniert. Keine Impfgegner unter den Flüchtlingen.

Das rassistische Bild war für Spahn wohl einfach zu verführerisch

Spahn schlägt auf die Schwachen ein

Dass Jens Spahn die Flüchtlinge hier nun als Risikogruppe entdeckt, ist nicht nur falsch, sondern schädlich und verwerflich. Er bemüht damit ein rassistisches Bild: die Angst vor den Fremden, die Krankheiten mitbringen. Als Gesundheitsminister schlägt er auf die Schwachen in der Gesellschaft ein, statt sie zu schützen. Zudem ist seine Forderung sinnlos: Denn wenn die Flüchtlinge aus dem Ankunftszentrum oder der Erstaufnahme in Gemeinschaftsunterkünfte kommen, sind sie schon längst geimpft.

Es ist auch nicht ersichtlich, warum etwas, das in Flüchtlingsunterkünften gelten soll, dann nicht auch für andere Gemeinschaftsunterkünfte Pflicht werden müsste. Etwa in Einrichtungen, in denen Kinder oder Senioren zusammenleben oder in Krankenhäusern. Aber das rassistische Bild war für Spahn wohl einfach zu verführerisch.

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