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Das kommtPrügel-Polizist verurteilt

Bis Anfang der Woche kann Revision gegen ein aktuelles Urteil des Landgerichts Bremen eingelegt werden. Das hatte am Montag wegen Körperverletzung im Amt einen Bremer Polizisten verurteilt – in einem zweiten Berufungsverfahren.

Auch in diesem bestätigte das Landgericht ein Urteil des Amtsgerichts Bremen vom 8. Mai 2015. Für erwiesen gehalten hatte das Gericht, dass der Zivilbeamte Marcel B. zwei Jahre zuvor den damals 54-jährigen Brasilianer V. de O. krankenhausreif geschlagen und mit der Dienstwaffe bedroht hatte. Das Amtsgericht hatte ihn zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt. Damit hatte er seinen Beamtenstatus verloren.

Als „brutal und grundlos“ beschrieb der Vorsitzende Richter Holger Schröder jetzt die Tat. Das Opfer leidet sechs Jahre später immer noch an einer posttraumatischen Belastungsstörung mit Schlafstörungen, depressiven Zuständen und Ängsten. „Er hat sein Leben, so wie es vorher war, verloren“, hatte die Richterin im ersten Berufungsverfahren vor zwei Jahren festgestellt. Damals hatten sowohl Verteidigung als auch Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt und einen Freispruch beziehungsweise ein höheres Strafmaß gefordert.

Am Tathergang hatte jetzt auch die Kammer im zweiten Berufungsverfahren keine Zweifel. Danach hatte Marcel B. am frühen Morgen des 21. Mai 2013 sein Opfer V. de O. im Bremer Stadtteil Walle verfolgt – nach eigenen Angaben, weil er ihn für einen Dieb hielt, der zuvor in der Nähe eingebrochen war. V. de O., der auf dem Weg zur Arbeit war, hingegen hielt seinen Verfolger für einen Verrückten und wechselte aus Angst die Straßenseite. Hätte er gewusst, dass es sich um einen Polizisten handelte, wäre er niemals davongelaufen, hatte er dem Gericht gesagt. In seinem Heimatland wäre dann auf ihn geschossen worden.

Marcel B. stürzte sich von hinten auf ihn, brachte ihn zu Boden und schlug, auf ihm sitzend, auf seinen Kopf ein. Erst als Kolleg*innen am Tatort eintrafen, ließ er von ihm ab. Zudem bedrohte er ihn mit der Dienstwaffe und sagte, als V. de O. laut die Polizei rief: „Die Polizei bin ich.“

Neu verhandelt werden musste der Fall, weil erfolgreich Revision eingelegt worden war. Das Oberlandesgericht (OLG) hatte die Urteilsbegründung des Landgerichts bemängelt und das Verfahren zurück ans Landgericht verwiesen, wo eine andere Kammer entscheiden musste. Das Strafmaß von über einem Jahr, mit dem Marcel B. automatisch seinen Beamtenstatus verliert, habe das Gericht als Signal setzen wollen, so das OLG. Und ihn doppelt bestraft, was unzulässig ist.

Der jetzt Vorsitzende Richter Schröder stellte aber klar, dass die Strafe „am unteren Rand“ des Möglichen geblieben sei. Eiken Bruhn

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