piwik no script img

Stiefkind will mehr Bezahlung

Anlässlich des 100. Geburtstags der Volkshochschule fordern Dozenten ein Honorar von 35 Euro pro Stunde

Von Kaija Kutter

Die Volkshochschule (VHS) wird in diesem Jahr 100 Jahre alt und feiert das Samstag auf Kampnagel mit einem Kulturprogramm. Weil die Honorare und die Absicherung der rund 1.700 Kursleiter aber zu wünschen übrig lassen, wollen die Dozenten dort „ihre Forderungen zu Gehör bringen“, wie Ver.di-Sekretär Max Stempel sagt. „Seit Jahren hat sich an deren schwieriger Situation nichts gebessert.“

„Die Volkshochschule wird wie ein Stiefkind behandelt“, ergänzt Detlef Zunker von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). „Und die Stiefkinder vom Stiefkind sind die Honorarkräfte.“ Offenkundig wurde dies 2016, als das Bundesamt für Migration das Honorar für Integrationskurse auf 35 Euro die Stunde festsetzte. Das galt auch für entsprechende Kurse der Volkshochschule. Doch die übrigen Kursleiter wurden weiter schlecht bezahlt.

18 Jahre keine Erhöhung

Die Honorare lagen Anfang der 1990er bei 48 Mark und waren mal ganz passabel, erinnert Sören Heit, Kursleitervertreter aus Harburg. Doch dann wurden diese über 18 Jahre eingefroren. Erst seit 2014 gibt es eine jährliche Erhöhung von 1,5 Prozent. Somit liegt das aktuelle Honorar bei 27,80 Euro und soll nach zwei weiteren Anhebungen zum 1. September 2019 und 1. Januar 2020 bei 29,48 Euro liegen. Doch auch dieser Betrag sei „nicht geeignet, die entstandene Lücke zur allgemeinen Lohnentwicklung zu schließen“, kritisieren die Kursleiter. „Vor 20 Jahren gehörte man mit 2.000 Mark Einkommen zum Mittelstand, heute sind das 1.000 Euro und man gehört zum Prekariat“, sagt Heit, der Sprachlehrer ist. „Wenn man davon leben will, geht es nicht“, ergänzt sein Kollege Mischa Pasquay.

Die Dozenten fordern nun 35 Euro pro Stunde für alle. Das sei nicht viel, wenn man beachte, dass Honorar kein Lohn ist, weil es vom Arbeitgeber keinen Zuschuss für Renten- oder Krankenversicherung gibt, keinen Schutz vor Kündigung und keinen Lohn im Krankheitsfall. Ferner fordern sie für jene Kerngruppe, die fast ausschließlich für die VHS arbeiten, mehr soziale Absicherung. „Die Planbarkeit ist sehr gering“, sagt Heit über sein Arbeitsleben als Honorarkraft.

VHS-Geschäftsführerin Marlene Schnoor sagt, die Forderung nach 35 Euro sei nicht unberechtigt. Deshalb habe man jetzt die Honorare stärker erhöht als im Haushalt geplant. Aber die VHS sei ein Landesbetrieb und müsse wirtschaften. Sie wisse nicht, wie sie mehr finanzieren soll, wenn die Angebote bezahlbar bleiben sollen.

Schulsenator Ties Rabe (SPD) indes betont, dass er es war, der 2014 die Honorare wieder erhöhte. Das Handeln der Vorgängersenate sei ein „großes Ärgernis“. Die rund 1.700 Kursleiter seien „Herz und Seele der Volkshochschule“. Er plane nun den Weg der schrittweisen Honoraranpassung „auch in den Folgejahren fortzusetzen“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen