Anders als die anderen

Die Klimabewegung war bisher vor allem akademisch und weiß.
Doch das ändert sich mit den „Fridays For Future“-Demonstrationen

Die 16-jährige Salina beim Schulstreik am Freitag Foto: Leon Montero

Es herrscht Gedränge am Invalidenpark in Berlin, mittendrin Salina. Sie ist 16, geht in Berlin zur Schule, in ihrer Freizeit macht sie Cheerleading. An diesem Freitag streikt sie für das Klima, zum ersten Mal. Der Klimawandel bekomme von der Politik nicht genug Beachtung, dabei gehe es um unser aller Zukunft, sagt Salina. Eines unterscheidet sie von den meisten Klimaaktivist*innen: Sie ist ein Migrantenkind, ihr Vater kommt aus Sierra Leone.

Wer zuvor bei Umweltdemonstrationen wie „Ende Gelände“ war, bekommt ein homogenes Bild der modernen Klimabewegung: akademisch, städtisch, weiß. Expert*innen beobachten, dass die Teilnehmer*innen der Anti-Braunkohle-Proteste überdurchschnittlich hohe Bildungsabschlüsse haben und überwiegend der Mittelschicht angehören. Statistische Belege dazu gibt es noch nicht.

Der Schulstreik am Freitag vermittelt einen anderen Eindruck. Eine bunte Masse Schüler*innen zieht durch die Straßen. Bunt, weil sie viele Plakate mit sich tragen. Bunt aber auch, weil unter ihnen zahlreiche schwarze Jugendliche, Mädchen mit Kopftuch und People of Color sind. Was macht Fridays for Future inklusiver als andere Klimaproteste?

Migrationsforscher*innen sehen die Erklärung vor allem im Bildungssystem: Für Migrant*innen und People of Color sei der Zugang zu politischer Bildung oft erschwert, das führe zu geringerer Beteiligung. Daneben beobachten die Forscher*innen, dass Aktivist*innen oft im eigenen Milieu bleiben. Da für die Fridays for Future-Demos in den Schulen mobilisiert wird, werden hier diversere Bevölkerungsgruppen angesprochen. “Durch die Verbreitung über den Schulhof findet weniger Segregation statt. Die üblichen Milieugrenzen werden umgangen“, sagt der Soziologe Simon Teune vom Berliner Institut für Protest- und Bewegungsforschung.

Außerdem sorgen die sozialen Netzwerke für Diversität. Über Plattformen wie Instagram werden Veranstaltungen und Inhalte zugänglich verbreitet. Auch Salina hat über Social Media von den Demonstrationen erfahren. Sie gehört zu einer Generation junger Menschen, die sich durch die Schulstreiks politisieren. „Es geht hier nicht darum, wer wer ist oder um die Herkunft, sondern um ein Thema, das uns alle verbindet“, sagt die Schülerin. Sie wird auch in Zukunft wieder demonstrieren gehen, nicht nur für das Klima. Leon Montero