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Fragen, Fragen, nichts als Fragen

Der Untersuchungsbericht von Robert Mueller sollte die mutmaßliche Trump-Verschwörung mit Russland entlarven. Doch Fehlanzeige. Die DemokratInnen wollen nun den Ermittler vorladen

Aus Washington Dorothea Hahn

Während Donald Trump und seine AnhängerInnen über eine angeblich „totale Entlastung“ des US-Präsidenten triumphieren, steht die Demokratische Partei mit dem Rücken zur Wand. Seit Justizminister William Barr am Sonntagabend in Washington eine vierseitige Zusammenfassung des Berichts von Sonderermittler Robert Mueller veröffentlicht hat, verlangen die DemokratInnen unisono totale Transparenz. Wie die überwiegende Mehrheit ihrer Landsleute – WählerInnen beider Parteien inklusive – wollen sie den kompletten Bericht lesen.

Das Vorgehen des Justizministers kritisierte der New Yorker Abgeordnete Jerrold Nadler, als Chef des einflussreichen Justizausschusses im Repräsentantenhaus, als eine „hastige und parteiische Interpretation von Fakten“. In eigenen schnellen Reaktionen auf die Zusammenfassung des Justizministers kündigten mehrere DemokratInnen an, die Arbeit ihrer Untersuchungsausschüsse über illegale Machenschaften von Trump fortzusetzen und zu intensivieren. Nadler will Justizminister Barr vor den Justizausschuss holen. Notfalls, so versicherte er, werde er versuchen, diese Vorladung auch per Gericht durchzusetzen. Adam Schiff, der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, will Mueller vorladen.

„Der Brief [von Justizminister Barr, d. Red.] wirft so viele Fragen auf, wie er Antworten gibt“, erklärten die SpitzendemokratInnen in den beiden Kammern des Kongresses, Nancy Pelosi und Chuck Schumer. Sie fordern ebenso eine schnelle Veröffentlichung des Berichts.

Auch zahlreiche demokratische PräsidentschaftskandidatInnen verlangen mehr Transparenz und ein weiteres Vorgehen. „Ich will nicht die Zusammenfassung des Justizministers, sondern den kompletten verdammten Bericht“, sagte Bernie Sanders. Und Präsidentschaftskandidatin Elizabeth Warren tweetete: „Der Kongress hat mit 420 zu 0 Stimmen dafür optiert, dass der Mueller-Bericht veröffentlicht wird“.

Der Abschluss des Mueller-Berichts kurz vor dem Wahlkampfauftakt für 2020 wird die Debatte in den nächsten Monaten in großem Maße verändern. Bislang war die Demokratische Partei gespalten über ein Amtsenthebungsverfahren gegen den US-Präsidenten. Linke AktivistInnen an der Basis und einige durchaus progressive neue Abgeordnete verlangten danach. „Lasst uns den Motherfucker impeachen“, erklärte die Abgeordnete Rashida Tlaib aus Michigan im Januar.

Doch die Spitze der Partei bremste. „Nur wenn es zwingend ist“, sagte Pelosi zu einem Amtsenthebungsverfahren, denn sie befürchtete eine Spaltung des Landes. Nachdem Mueller den US-Präsidenten von dem Vorwurf geheimer Absprachen mit Russland freigesprochen hat, ist es nun unwahrscheinlicher geworden, dass Unterstützung von kritischen RepublikanerInnen für ein solches Verfahren käme.

Lasst uns den Motherfucker impeachen

Rashida Tlaib, Abgeordnete der Demokraten aus Michigan

Außer im Repräsentantenhaus werden auch die Untersuchungen von mehr als zwölf Gerichten über mögliche kriminelle Machen­schaften von Trump, seinen An­gehörigen und seinen Unternehmen weitergehen. Die weitreichendsten Ermittlungen laufen in New York, wo Donald Trump seit Jahrzehnten ansässig ist.

Ein Opfer dieser Ermittlungen ist Trumps langjähriger Rechtsanwalt Michael Cohen geworden. Alexandria Ocasio-Cortez, eine der neuen Progressiven im Repräsentantenhaus, hatte schon vor der Veröffentlichung der Zusammenfassung davor gewarnt, dass ganz egal ob Trump bleibt oder amtsenthoben oder abgewählt wird, die Partei und die Geldgeber hinter ihm bleiben werden.

Trump eröffnete am Freitag, dem Tag, an dem Mueller seinen Bericht abgab, einen neuen Kampf gegen die DemokratInnen. Er forderte seinen Justizminister auf, mehreren Spitzenfiguren der Regierung den Prozess zu machen. „Ich hoffe“, sagte er, „dass Barr fair ist“, und zählte unter anderem diese Namen für Ermittlungen auf: Hillary Clinton und die Geheimdienstchefs von Barack Oba­ma, James Clapper, John Brennan und James Comey.

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