Senat: Berlin für Juden sicherer machen
Die rot-rot-grüne Landesregierung beschließt ein neues Konzept gegen Antisemitismus. Zentraler Punkt ist ein besonderer Beauftragter für das Thema.
Ein besonderer Ansprechpartner des Senats soll helfen, den Antisemitismus in Berlin zu bekämpfen. Diese Stelle ist herausragender Punkt des neuen Senatskonzepts gegen Antisemitismus, das Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne), zugleich zuständig für Antidiskriminierung, am Dienstag vorstellte. Das 63-seitige Konzept listet viele Beratungsangebote und Kooperationen auf. Behrendt sprach vor einer historischen Verantwortung. Ziel soll es sein, das Leben in Berlin „für Jüdinnen und Juden sicherer zu machen“. Nach eigenen Angaben ist der Senat die erste Landesregierung, die ein solches Konzept beschließt
Senator Behrendt erinnerte an die Gürtel-Attacke auf einen kippatragenden Israeli im April 2018 in Prenzlauer Berg. In der Folge hatte sich das Abgeordnetenhaus Ende Mai gegen jeden Antisemitismus ausgesprochen und den Schutz jüdischen Lebens in Berlin gefordert.
Das Konzept knüpfe an diesen Beschluss an. Im Vorwort heißt es, aktuelle Formen des Antisemitismus würden „immer wieder mit einer Kritik an der Politik Israels begründet“. Deswegen wende sich der Senat „gegen alle Versuche, Jüdinnen und Juden in Berlin für die Politik Israels verantwortlich zu machen“. Aber auch der „Dämonisierung des Staates Israel“ müsse entgegengewirkt werden.
Im Juni sollen zudem Ergebnisse einer Studie der Universität Leipzig vorliegen, die laut Behrendt gegenwärtig „menschenfeindliche Einstellungen der Berliner“ erforscht, wobei der Schwerpunkt auf Antisemitismus liege. Nach Zahlen der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin stieg die Zahl erfasster antisemitischer Vorfälle 2018 gegenüber 2017 leicht an. Laut Senator Behrendt ist offen, ob tatsächliche die Zahl stieg oder lediglich das Bewusstsein für solche Übergriffe. Generell gelte: „Wir haben eine viel zu große Zahl von Angriffen und Übergriffen auf jüdische Menschen.“
Der vom Senat beschlossene Ansprechpartner, mit dem es „in wenigen Wochen losgehen soll“, wird offenbar in Behrendts Justizverwaltung arbeiten. Wie viele Mitarbeiter er oder sie hat – ein Name ist noch nicht bekannt – und wie groß das Budget sein wird, ist noch offen.
Die CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus sieht sich als treibende Kraft hinter dem Beschluss für die neue Stelle. „Wir begrüßen, dass der Senat unsere Forderung umsetzt“, sagte Vize-Fraktionschefin Cornelia Seibeld. Man hätte sich aber eine schnellere Entscheidung gewünscht – „unser Antrag dazu liegt seit fast einem Jahr vor“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind