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Der Leitfaden fehlt

Obwohl das Hamburgische Gleich­stellungsgesetz schon vier Jahre alt ist, gibt es keine gendergerechte Schreibweise in den Behörden. Die Bezirksversammlung Altona will das ändern

Von David Günther

Die Bezirksversammlung Altona verlangt einen Leitfaden für gendergerechte Sprache in Bezirksämtern. Einen entsprechenden Antrag an die Finanzbehörde haben SPD und Grüne beschlossen. „Die wichtigste Grundregel ist, überall da, wo es möglich ist, geschlechtsumfassende Formulierungen zu verwenden“, heißt es in dem Antrag.

Seit 2014 gibt es das Hamburgische Gleichstellungsgesetz, das besagt, dass Frauen und Männer in amtlichen Schreiben gleichermaßen angesprochen werden. Näheres soll eine Verwaltungsvorschrift regeln, die es jedoch bis heute nicht gibt, wie der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen in der Bezirksversammlung, Sven Kuhfuß, kritisiert.

Mit ihrer Forderung wollen SPD und Grüne eine gendergerechte Sprache in der Verwaltung endlich auf den Weg bringen. „Wir wollen einen Impuls setzen“, sagt Kuhfuß. Durch das Nutzen einer rein männlichen Form entstehe der Eindruck, dass nur Männer bestimmte Berufe ausübten.

Kuhfuß zufolge sind viele Verwaltungsmitarbeiter guten Willens: „Viele wollen gendern, wissen aber nicht wie“. SPD und Grüne hoffen auf eine einheitliche Grundlage für alle Ämter, an der sich Mitarbeiter orientieren können, vielleicht sogar die fällige Verwaltungsvorschrift. „Die Schulbehörde hat hohes Interesse signalisiert“, sagt Kuhfuß.

Nach Auskunft des Pressesprechers der Finanzbehörde, Claas Ricker, arbeitet die Verwaltung schon an einer geschlechtersensiblen Sprache. „Insofern geht es hier nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie“, versichert Ricker. Entsprechende Vorschläge sollen dieses Jahr noch erarbeitet werden.

Die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover hat seit 2003 eine Regelung, die gendergerechte Verwaltungsschreiben ermöglichen soll. Anfang dieses Jahres wurde sie erweitert, um zusätzlich das dritte Geschlecht anzusprechen.

„Viele wollen gendern, wissen aber nicht wie“

Sven Kuhfuß, Grünen -Bezirksabgeordneter

Wie die stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte Maren Gercke berichtet, ist es jedoch nicht immer möglich, eine gendergerechte Sprache zu nutzen. Besonders im Rechtsverkehr sei es schwierig, alle Geschlechter einzubeziehen, sagt Gercke. „Zitate aus dem Gesetzbuch können wir nicht umwandeln, da es dann das Zitat verfälscht.“ Dennoch versucht die hannoversche Verwaltung, soweit es möglich ist, kein Geschlecht auszugrenzen.

Den Altonaer Beschluss kritisierte die AfD in einem Gegenantrag. Sie warnte vor einer „Verunstaltung der deutschen Schriftsprache durch gendergerechte Schreibweisen“. Ihr Vorschlag: Unter jedem Text darauf hinweisen, dass die männliche Form geschlechtsunabhängig verstanden werden soll.

Das lehnen Grüne und SPD aber ab. „Gendergerechtigkeit entsteht nicht durch eine Fußnote“, sagt Kuhfuß. Das Argument, dass die gendergerechte Schreibweise eine Verunstaltung der deutschen Schriftsprache sei, ist für ihn ein Klischee: „Sprache verändert sich und entwickelt sich weiter. “ Das Gendersternchen sei nur „Gewöhnungssache“. Viele Institutionen, wie Schulen oder Universitäten, nutzen eine gendergerechte Schreibweise schon.

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