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Cola-Kamera weg

Zur Überwachung eines linken Wohnprojekts hat sich die Polizei noch nicht geäußert. Die Linke fasst nach

Die Flasche mit der Kamera war direkt auf das Wohnprojekt ausgerichtet. Auf der Fensterbank lag ein Zettel: „Bitte nichts umstellen“

Von Andreas Speit

Die Cola-Flasche mit der Überwachungskamera ist schnell entfernt worden. Eine Woche nach der Enttarnung der Observation eines linken Wohnprojektes und eines Infoladens in Hamburg sind aber noch alle Fragen zum Hintergrund offen. „Wir haben bisher noch keine Information erhalten, ob diese Überwachung eine polizeiliche oder nachrichtendienstliche Maßnahme war“, sagt Gerrit Onken, Anwalt des Hausprojekts.

Am Mittwoch vergangener Woche hatten Bewohner des Projektes am Kleinen Schäferkampf die Überwachung auffliegen lassen. Im gegenüberliegenden Elisabeth Alten- und Pflegeheim der Freimaurer von 1795 waren ihnen zwei Cola-Flaschen und eine Limo-Flasche in einem kleinen Fenster aufgefallen. Die Cola-Flasche mit der Kamera war direkt auf das Wohnprojekt und den Infoladen ausgerichtet. Auf der Fensterbank lag ein Zettel mit dem Hinweis: „Fenster bitte geschlossen halten, bitte nichts umstellen.“

Die Bewohner suchten das Gespräch mit der Heimleitung. „Die Polizei hatte wegen der Drogenproblematik im Schanzenpark angefragt“, sagte ihnen Heimleiter Hans-Jürgen Wilhelm. Dass die Kamera auf das Haus gerichtet sei, habe er nicht gewusst, sagte er der taz am Telefon. Wann am Mittwoch genau die Kamera entfernt wurde, mochte er der taz nicht mehr sagen. „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich mich zu dieser Sachlage nicht weiter äußern kann und will“, mailte Wilhelm.

Nicht bloß die Betroffenen und ihr Anwalt warten auf Antworten von den Behörden. Nach dem Auffliegen hat sich auch der Datenschutzbeauftragte an die Polizei gewandt. Denn die Rechtsgrundlage für die Überwachung, die alle Personen erfasste, die an dem Gebäude zufällig vorbei kamen, ist unklar.

„Die Polizei darf öffentliche Straßen und Plätze auf der Grundlage unterschiedlicher Rechtsvorschriften videoüberwachen“, erläutert Martin Schemm. Der Pressesprecher des Datenschutzbeauftragen verweist auf die „Gefahrenabwehr“ oder die „Strafverfolgung“. Die Polizei habe sich dazu noch nicht geäußert. In der Regel antworte die Polizei „zeitnah“, sagt Schemm.

In der Bürgerschaft hat die Linke mit einer Kleinen Anfrage nachgefasst. Elf Fragen hat die Fraktion dem Senat gestellt. Die Linke will nicht alleine wissen, wer die Kamera auf welcher Rechtsgrundlage installiert hat, sondern auch erfahren wie die Daten ausgewertet werden und was der Heimleitung gesagt wurde. Des Weiteren möchte die Linke den Zeit- und auch den Kostenrahmen erfahren.

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