AfD Bremen konzentriert die Macht: Magnitz über alles
Der Bremer AfD hat ihren Landeschef Frank Magnitz auf Platz 1 der Liste für die Bürgerschaftswahl gewählt.
Die AfD in Bremen hat den aktuellen Landeschef Frank Magnitz zum Spitzenkandidaten für die Bremer Bürgerschaftswahl im Mai gekürt. Auf einem Parteitag zur Listenaufstellung für die Wahl setzte sich Magnitz in einer Kampfabstimmung mit 32 zu 19 Stimmen gegen den Bremer Fernsehjournalisten Hinrich Lürssen durch, der danach auf eine weitere Kandidatur verzichtete, wie Radio Bremen berichtete.
Auf eine Anfrage der taz reagierte Magnitz bis Redaktionsschluss nicht. Der stellvertretende AfD-Landesvorsitzende Thomas Jürgewitz verweigerte der taz die Auskunft: „So lange Sie nicht vernünftig berichten, sehen wir keinen Grund mit Ihnen zu reden.“
Der Landesparteitag hatte am Sonntag in einem Lokal in Bremen-Nord unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden. Nach einem Angriff auf AfD-Landeschef Magnitz hatte dieser noch vor einer Woche in einem parteiinternen Rundschreiben über die Erfolge seiner Medienstrategie informiert. Am Sonntag mussten die JournalistInnen der taz, wie andere PressevertreterInnen, draußen vor dem Lokal bleiben.
Alle Macht für Magnitz
Magnitz ist in Bremen nicht nur Landeschef der AfD, sondern sitzt für Bremerhaven auch als Abgeordneter im Bundestag. Wie Radio Bremen berichtete, erklärte der 66-Jährige nach der Wahl am Sonntag, dass er sein Bundestagsmandat behalten wolle, falls er in die Bürgerschaft gewählt würde.
Magnitz fährt innerhalb der AfD einen besonders rechten Kurs mit Verbindungen zur „Identitären Bewegung“. Er steht dem völkisch-nationalistischen „Flügel“ um Björn Höcke nahe und war auf dem letzten Jahrestreffen des „Flügels“ 2018 als Redner angekündigt. Der Verfassungsschutz hatte am Dienstag die AfD als Ganzes zum „Prüffall“ und den „Flügel“ sogar zum „Verdachtsfall“ erklärt, der damit noch stärker unter die Lupe genommen wird.
Dass Magnitz innerhalb der AfD in Bremen die Macht auf sich konzentrieren will, war in den letzten Monaten immer wieder Thema auch parteiinterner Querelen. Im Zuge des Streits wurden ganze Kreisverbände aufgelöst und gegen zahlreiche Parteimitglieder Ausschlussverfahren angestrengt.
Verstoß gegen rechtsstaatliche Grundsätze
Im November ist der Landesvorstand in diesem Zusammenhang vor Gericht unterlegen: Magnitz und sein Vize Jürgewitz hatten versucht, zwei Mitglieder per Beschluss mit sofortiger Wirkung aller Ämter und Mitgliedsrechte zu entheben und dabei gegen eine Reihe von rechtsstaatlichen Grundsätzen verstoßen, wie das Landgericht urteilte. Den beiden klagenden Mitgliedern war die AfD zu weit nach rechtsaußen gerückt.
Auch mit dem letzten verbliebenden Bürgerschaftsabgeordneten der AfD, Alexander Tassis, lag die Parteiführung im Streit. Sie wollte ihm verbieten, sich überhaupt noch öffentlich zu äußern und wieder zu kandidieren. Im Januar hatte der Landesvorstand sogar erneut versucht, Tassis auszuschließen.
Er war am Sonntag auf dem Parteitag, ob er aber für einen Listenplatz angetreten ist und gewählt worden ist, ließ sich bis Redaktionsschluss nicht klären – er war für die taz nicht zu erreichen.
Der Landesvorsitzende der Jungen Alternative, Robert Teske, der ursprünglich für Listenplatz 2 kandidieren wollte, stellte sich nach Informationen des Weser Kuriers nicht zur Wahl. Auch mit ihm hatte sich Magnitz zuletzt überworfen. Der Landesvorstand hatte seinem eigenen Jugendverband im Dezember vergeblich die Selbstauflösung nahegelegt, um weiteren Schaden von der Partei abzuwenden.
Die Junge Alternative steht in Bremen seit September unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Anders als in Niedersachsen verweigerte der Bremer Parteinachwuchs allerdings, der Empfehlung nach Selbstauflösung nachzukommen.
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