: Erst das Blut-Foto, dann der Notarzt
Der Bremer AfD-Bundestagsabgeordnete Frank Magnitz ließ sich nach einem Angriff am Tatort fotografieren, noch bevor der Rettungswagen eintraf. Ein Gutachten belegt indes, dass seine Verletzungen tatsächlich vom Sturz herrühren
Von Jean-Philipp Baeck
Der AfD-Politiker Frank Magnitz hat offenbar sofort nach dem Angriff auf ihn ein Foto von sich machen lassen – so berichtet es Spiegel Online am Mittwoch. Demnach habe Magnitz einen Handwerker um ein Bild auf seinem Handy gebeten, noch bevor ein Rettungswagen eintraf. Eine Darstellung, die zur Medienstrategie der AfD passt.
Wie die taz berichtete, war es eine bewusste Entscheidung von Magnitz gewesen, mit Fotos „mediale Betroffenheit“ und „Aufmerksamkeit“ zu erzeugen. Das hatte der AfD-Bundestagsabgeordnete in einem parteiinternen Schreiben erklärt, das der taz vorliegt. Mit Erfolg: Tatsächlich hatten Medien weltweit über den Vorfall berichtet. Ein Foto, das Magnitz später mit blutender Kopfwunde im Krankenhaus zeigt, hatte sich nur wenige Stunden nach der Tat sehr schnell verbreitet.
Magnitz war am Montag vergangener Woche auf dem Gelände des Bremer Theaters von einem Täter aus einer dreiköpfigen Gruppe von hinten angegriffen worden. Er stürzte danach offensichtlich ungebremst zu Boden und verletzte sich am Kopf. Die Angreifer sind direkt danach geflüchtet. Das ist so auf Überwachungsaufnahmen zu sehen, die die Polizei am Freitag veröffentlicht hat, und so sieht es auch die Staatsanwaltschaft. Sie ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung.
Die AfD hatte unmittelbar nach der Tat von einem „Mordversuch“ gesprochen – und davon, dass Magnitz mit einem „Kantholz“ verletzt worden sei. Laut AfD hätten die Täter ihm zudem gegen den Kopf getreten, als er bereits am Boden lag.
Erst später hatte die Partei diese Darstellung relativiert. Viele ihrer Anhänger glauben aber weiterhin fest an die falsche Version: So sah sich die Polizei Bremen einem Shitstorm ausgesetzt, nachdem sie die Aufnahmen der Überwachungskamera veröffentlicht hatte. Die Polizei musste mehrfach dem Vorwurf widersprechen, sie habe die Aufnahmen manipuliert.
Gestützt wird die Version des Tathergangs von Staatsanwaltschaft und Polizei nun aber zudem durch ein rechtsmedizinisches Gutachten, wie Spiegel Online berichtet. Demnach sind die Verletzungen von Magnitz tatsächlich durch den Sturz nach dem Angriff entstanden. Er habe eine „Riss-Quetschwunde“ und „Hautschürfungen“ erlitten. Und zwar entlang einer Linie am Kopf, die Rechtsmediziner als „Hutkrempe“ bezeichneten – jene Stelle des Kopfes, auf der man bei Stürzen typischerweise aufschlägt.
Außerdem habe Magnitz ein sogenanntes „Monokelhämatom“ erlitten, eine Augenverletzung, die bei dem Aufprall durch seine Brille entstand. Ein Rechtsmediziner habe Magnitz noch am Abend des Angriffs untersucht, sagte ein Sprecher der Bremer Staatsanwaltschaft.
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