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„Die Bioökonomie ist kein wirklicher Neubeginn“

Erdöl durch Pflanzen ersetzen? Keine Lösung, sagt Josephine Koch vom Forum Umwelt und Entwicklung. Die Organisation ist eine von 18 Unterzeichnerneiner Erklärung gegen die Bioökonomie-Strategie der Bundesregierung

Josephine Koch ist Referentin der Organisation Forum Umwelt und Entwicklung für Bioökonomie.

InterviewHeike Holdinghausen

taz: Frau Koch, 18 Umwelt- und Entwicklungsorganisationen kritisieren gemeinsam die Bioökonomie-Strategie der Bundesregierung. Sie wird erst im Sommer veröffentlicht – was wissen Sie schon darüber?

Josephine Koch: Die „Politikstrategie Bioökonomie“ und die „Nationale Forschungsstrategie Bioökonomie 2030“ werden zu einem Gesamtkonzept zusammengefügt. Es sieht vor, Erdöl weitgehend durch Pflanzen und andere Biomasse zu ersetzen. Auf der Grünen Woche treffen sich ab Freitag die AgrarministerInnen der Welt, um die neuen Agrarkonzepte vorzustellen – die Bioökonomie spielt dabei eine wichtige Rolle.

Wofür ist die Strategie wichtig?

Sie legt Entwicklungspfade unserer Wirtschaft fest. Damit es aber eine Zukunftsstrategie wird, die in der Bevölkerung auf Akzeptanz stößt, muss die Zivilgesellschaft in den Prozess einbezogen werden. Umwelt- und Entwicklungsverbände, Gewerkschaften, Landwirte, sie alle müssten beteiligt sein. Bislang diskutiert die Strategie vor allem ein exklusiver Club von ExpertInnen.

Haben Sie auch grundsätzlich etwas gegen Bioökonomie?

„Bio“ klingt erst mal nett. Doch wie die jahrelang diskutierten Konzepte „Green Growth“ oder „Green Economy“, die ausschließlich auf Technologien wie erneuerbare Energien setzten, ist die Bioökonomie kein wirklicher Neubeginn. Sie soll das Klimaproblem lösen, weltweit die Ernährung sichern und Wachstum generieren. Doch wer auf Biomasse setzt, eröffnet so wieder die Probleme, die wir von den Biokraftstoffen kennen. Wenn wir die Ackerfläche für nachwachsende Rohstoffe ausbauen, treten sie in Konkurrenz zu Nahrungsmitteln und gefährden die Biodiversität. Wir haben gar nicht die Flächen für mehr Biomasseproduktion. Das wird auch ein Problem für den globalen Süden, der ein Exporteur von Rohstoffen bleibt. Ein zweiter Aspekt ist die Technologiegläubigkeit, die mit der Bioökonomie verbunden ist. Neue Verfahren der Gentechnik sollen hier zum Einsatz kommen, deren Folgen wir noch gar nicht abschätzen können.

Die fossile Industrie lehnen Sie ab, die Bioökonomie auch. Was wollen Sie stattdessen?

Wir lehnen nicht alle neuen Technologien ab. Wir sagen nur, dass wir ganz genau hinschauen müssen. Es ist notwendig, dass wir unsere Produktions- und Konsumweise ändern, wir müssen radikal runter vom Ressourcenverbrauch. Solange wir Ressourcen verschwenden und keine echte Kreislaufwirtschaft haben, werden wir auch nicht klimafreundlicher. Wir brauchen mehr Recycling, Reparierbarkeit und langlebigere Produkte. Dazu sagt die Bioökonomie nicht viel. Einwegprodukte aus Bioplastik zum Beispiel sind auch nicht unbedingt besser als solche aus Erdöl-Kunststoff. Das ist nicht zu Ende gedacht. Teil einer echten Bioökonomie wären gesetzliche Vorschriften zur Reparierbarkeit und Langlebigkeit, regionale Wirtschaftskreisläufe und mehr Wertschöpfung im ländlichen Raum.

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