: Brandenburg wartet auf Berliner
Berliner Senat und Brandenburger Landesregierung beschließen Landesentwicklungsplan: Großes Wohnungspotenzial im Umland
Dietmar Woidke, SPD, Ministerpräsident
Von Stefan Alberti
Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linkspartei) sieht im Berliner Umland ein zusätzliches Wohnungsbaupotential „von weit über 400.00 Wohnungen“. Die könnten bei besserer Verkehrsanbindung entlang der Entwicklungsachsen entstehen, dem sogenannten „Siedlungsstern“, die der neue gemeinsame Landesentwicklungsplan (LEP) von Berlin und Brandenburg vorsieht. Diesen Plan, eine Art Masterplan für die Entwicklung der Hauptstadtregion in Sachen Wohnen, Gewerbe, Verkehr bis 2030, haben die Regierungen beider Länder am Dienstag beschlossen. Der Begriff „Hauptstadtregion“, so Lompschers Brandenburger Amtskollegin Kathrin Schneider (SPD), umfasse nicht nur den Speckgürtel, „sondern das gesamte Land Brandenburg.“
Es ist ein Weddinger Hinterhof-Loft, in dem die Berliner und die Brandenburger Senatoren und Minister die Zukunft der gemeinsamen Region festlegen. Nach dem Beschluss des neuen LEP, der bisherige stammt von 2006, ist mit Blick auf abbröckelnden Putz viel von enger Zusammenarbeit und An-einem-Strang-Ziehen zu hören. „Wohnen ist derzeit das größte soziale Problem, vor dem wir stehen“, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). In Potsdam sieht er einen möglicherweise noch schwierigeren Wohnungsmarkt als in Berlin. Deutlich bessere Zugverbindungen als bislang sollen die Basis dafür bilden, dass das Umland tatsächlich als echte Alternative zu einer Wohnung in Berlin werden kann.
Wenn die Berliner die Brandenburger und vor allem Woidke, den Mann aus der Lausitz, mit der Mischung aus schmuddeligem Hinterhof mit szeniger Loftatmosphäre ein bisschen schocken wollten. So lief das ins Leere. „Ich habe mich hier sehr wohl gefühlt“, sagte Woidke den Journalisten. Er habe ja mal ein paar Jahre in Berlin gewohnt – da habe es beim Blick aus dem Fenster am Weinbergsweg genauso ausgeschaut. „Deshalb hatte ich hier keine Anpassungsschwierigkeiten, obwohl wir zuletzt in Schloss Neuhardenberg waren, ein gewisser Kontrast also da war.“ Tatsächlich sah es schon mal durchaus schlechter aus in den Beziehungen zwischen beiden Ländern. Da gab es nicht wie jetzt vier gemeinsame Regierungssitzungen binnen zwei Jahren, sondern auch mal eineinhalb Jahre gar kein Treffen.
Die in beiden Länder oppositionelle CDU hatte teils schon im Vorfeld in dem über dreieinhalb Jahre entstandenden Entwicklungsplan keinen Fortschritt gesehen. Weil Gemeinden außerhalb der Entwicklungsachsen nicht frei und unbeschränkt Baugebiete ausweisen dürfen, sieht der Brandenburger Fraktionschef Ingo Senftleben das Wachstum des Landes gehemmt. Was die SPD bestreitet: Es solle lediglich darum gehen, völlige Zersiedlung zu verhindern. Senftleben kündigte in einem Interview sogar an, im Falle eines Siegs bei der Landtagswahl im September den jetzt beschlossenen Plan wieder zu kündigen. So etwas hatte schon die Berliner FDP nach dem Volksentscheid zum Weiterbetrieb des Flughafens Tegel gesagt. Woidke schüttelte darüber den Kopf. „Da fragt man sich, aus welcher Welt die eigentlich kommen – wir müssen doch gemeinsame Ziele definieren.“
Bei aller beschworenen Freundschaft und Voneinander-Abhängen: Von einer Länderfusion, in einem ersten Anlauf 1996 gescheitert, sprach vor den Journalisten keiner und keine der Regierenden aus Berlin und Brandenburg. Dass das Thema weg ist, zeigte sich noch mehr daran, dass auch keiner der Journalisten danach fragte: Eine Fusion gilt in der Brandenburger Bevölkerung als unbeliebt – und bis zur Landtagswahl sind es nur noch rund sieben Monate.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen