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Gewaltsame Ausschreitungen in ParisMacron spricht von „Schande“

Auf die Proteste der „Gelbwesten“ reagiert der französische Präsident Emmanuel Macron mit scharfen Worten. In Paris setzte die Polizei Tränengas ein.

Die Proteste in Paris am Samstag Foto: ap

Paris dpa/ap | Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hat mit Empörung auf die Ausschreitungen bei den Protesten der „Gelbwesten“ in Paris am Samstag reagiert. „Schande über jene, die die Sicherheitskräfte angegriffen haben, Schande über jene, die anderen Staatsbürgern und Journalisten gegenüber gewaltsam geworden sind“, schrieb Macron bei Twitter. Für diese Gewalttätigkeiten gebe es in der Republik keinen Platz.

Bei den Protesten der „Gelbwesten“ war es auf den Champs-Elysées zu stundenlangen Ausschreitungen gekommen. Vermummte zerstörten Stadtmöbel, warfen teils mit Pflastersteinen auf Sicherheitskräfte und errichteten Barrikaden.

An den landesweiten Protesten gegen hohe Benzinpreise und Lebenshaltungskosten nahmen bis zu 106 000 Menschen teil, davon demonstrierten bis zu 8.000 in Paris und rund 5.000 auf den Champs-Elysées. Die Demonstranten verbrannten Holz und schwenkten Plakate, auf denen „Tod den Steuern“ stand.

Dabei kam es in Paris zu Auseinandersetzungen zwischen Polizisten und Demonstranten. Die Polizei setzte am Samstag Tränengas und Wasserwerfer ein. Auch in anderen Teilen Frankreichs wurde demonstriert. Mindestens 19 Personen wurden laut Polizei leicht verletzt, darunter vier Polizisten. Eine Person sei schwerer verletzt worden. Dutzende Personen seien festgenommen worden, unter anderem, weil Gegenstände geworfen worden seien.

Die Proteste richteten sich anfänglich gegen Kraftstoffsteuern, inzwischen richten sie sich allgemeiner auch gegen Macrons Amtsführung und das als elitär wahrgenommene Denken der Mächtigen in Frankreich

Die Proteste richteten sich anfänglich gegen Kraftstoffsteuern, mit denen Macron Investitionen in erneuerbare Energieträger finanzieren will. Inzwischen richten sie sich allgemeiner auch gegen Macrons Amtsführung und das als elitär wahrgenommene Denken der Mächtigen in Frankreich. Macron möchte mit den Kraftstoffsteuern die Abhängigkeit seines Landes von fossilen Energieträgern reduzieren.

Innenminister Christophe Castaner beschuldigte die äußerste Rechte, zu Gewalttaten und Zusammenstößen ermutigt zu haben. Marine Le Pen, die Chefin der Partei Nationale Sammlungsbewegung, hatte dazu aufgerufen, auf die Champs-Élysées zu gehen, obwohl die Behörden dort Demonstrationen verboten hatten.

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11 Kommentare

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  • "Gewaltsame Ausschreitungen in Paris



    Macron spricht von „Schande“"



    Nur das habe ich gelesen, reicht mir vollkommen.



    Es ist m. E. ·e i n e S c h a n d e·, wenn die Menschen von Reichen – jetzt (auch) ·s i c h t b a r· in der Franz. Regierung – dermaßen beschissen werden. Und wenn sie in die Arme von Le Pen getrieben werden, huldigen sie wieder nur reichen Menschen, die nichts, aber auch gar nichts für sie tun werden.

  • Macrons Argument, dass die Autofahrer den Einstieg in die erneuerbaren Energien bezahlen sollen, ist ziemlicher Quatsch, denn die französischen Steuerzahler haben bereits die Kernenergie und zig andere Sachen mit ihren Steuern finanziert.

    Der Punkt ist doch, dass der Staat immer Hunger hat. Es gibt keinen Tag in Frankreich, wo nicht die Bürokratie die Steuern erhöhen will.

    Und Autofahren müssen viele - die können sich das kaum aussuchen, also schlägt der Staat hierzu. Und wie war eigentlich die Reaktion des Staates?

    Wer hat denn hier wo und wie Randale gemacht? Aus den sozialen Medien habe ich vollkommen andere Informationen erhalten, als die hier verbreiteten. Der Staat sucht doch nach der Chance, die gelben Westen zu diskreditieren, weil diese Macron als inhaltslosen, repressiven und egomanischen Präsidenten abbilden können.

    Da hilft nur Propaganda bzw. man erzeugt die Bilder, die man braucht. Und Franzosen lieben es nicht, auf Straßen sich zu prügeln, das ist keine Veranstaltung von Rowdys oder Hooligans.

  • Es ist sehr interessant, wie die gleiche Bürgerschicht, welche sich über die aufgrund von Polizeiwillkür und Schikane entstandenen Ausschreitungen in den französischen Vorstadtghettos echauffiert hat, sich moralisch vollkommen legitimiert fühlt, wenn die Spritpreise steigen, sich Straßenschlachten zu liefern und andere in ihrer Bewegungsfreiheit einzuschränken. Die rechtsradikale Gesinnung der Gelbwesten scheint auch zunehmend durch. Menschen, die sich qua Geburt als die vom Schicksal auserwählten empfinden. Ich halte von solchen Leuten wenig und dies mit gutem Grund.

    • 8G
      82236 (Profil gelöscht)
      @Hampelstielz:

      Nun machen Sie mal bitte nicht den gentrifizierten fahrradfahrenden Veggiburger essenden Wutbürger, der im 6. Arrondissement von Paris lebt oder innerhalb des Berliner S-Bahnrings wohnt, U-Bahn, Bus oder Strassenbahn vor der Haustür hat und zum Bäcker im Morgenrock gehen kann und verachtend auf den nach Ricard, biiligen Tabak und Diesel stinkenden Vorstadtheini herabschaut, der stundenlang im Verkehrsstau stehen muss, weil es für ihn kein ÖPNV gibt oder der ständig Pannen hat und in dem Frau/Mann sich quetschen muss, sich angrabtschen oder anpöbeln lassen muss, indem Sie alle über einen Kamm scheren. Woher nehmen Sie die Ansicht, dass sich diese Leute, die Opfer einer menschenverachtenden neoliberalen Politik sind, sich durch Geburt vom Schicksal ausgewählt fühlen?. Die, die sich vom Schicksal auserwählt fühlen, sind die die in den Stadtzentren von Paris, Berlin, Barcelona, Mailand, Madrid leben und nicht mehr ihr Stadtviertel mit gelbbewesteten Prolos teilen müssen, die von Macron als" gens de rien" und von Hollande als" gens sans dents" abqualifiziert wurden. Die, die getreten werden treten irgendwann mal zurück. Und sie treten oft in die falsche Richtung. In die Richtung der Migranten. Aber anstatt Steine auf diese Menschen zu werfen, sollten Sie wie François Ruffin (Merci Patron) Ihren Wanderstab nehmen und von Barrage zu Barrage pilgern und den Menschen dort erklären, dass wenn Whirlpool eine Fabrik dicht macht, das nicht an den Migranten liegt, sondern an Profitgier und dass die die Fabriken schliessen auch noch durch Steuergeschenke belohnt werden. Aber das geht nicht, wenn man gegen Faschismus ist, aber die neoliberale Finanzpolitik super geil findet. Wie sagte doch ein französischer Humorist über die Bougeois Bohèmes" nur weil der drei Biotomaten auf seinem Pariser Luxusbalkon zieht, glaubt er die Menschheit zu retten."

      • @82236 (Profil gelöscht):

        Bevor ich mir deine Schubladen aneignen, bleibe ich doch lieber bei meinen eigenen. Die sind wenigstens nicht ganz so eng gefasst :).

        • 8G
          82236 (Profil gelöscht)
          @Hampelstielz:

          War das jetzt ein inhaltliches Argument?



          Was die Enge Ihrer Schubladen angeht, Sie haben ja nur eine: Gelbwesten= Faschisten. Sehr differenziert. Kennen Sie François Ruffin überhaupt und haben Sie seinen Film " Merci Patron" gesehen?



          A bon entendeur, salut!

  • Ich bin jährlich immer einige Wochen in Fronkreisch. Komme ich mit Menschen ins Gespräch, frage ich oft, was sie von Macron halten. Und in letzter Zeit hatte ich den Eindruck, dass die Antworten immer zurückhaltend negativ waren, was mich persönlich auch freute.

    Ich habe den Eindruck, dass das einzige Argument FÜR Macron, nämlich Le Pen zu verhindern, immer weniger zieht. Er treibt die Franzosen geradezu in ihre Arme, zumal ihre Partei im Gegensatz zur AfD ein sozialpolitisches Programm hat.

    Frankreich ist für mich ein letzter Hoffnungsschimmer hinsichtlich des Widerstands gegen den unmenschlichen Neoliberalismus. Frankreichs Polizei, wohl die rabiateste in der EU, wird noch viel Kampfgas und Wasserwerfer einsetzen müssen. Natürlich im Namen der Demokratie.

    Ich hoffe, dass der deutsche Michel genau nach Frankreich schaut und sich nicht beeinflussen lässt von den hiesigen Macronisten in Politik und Medien. Die Sammlungsbewegung "Aufstehen" ist hoffentlich ein erster Schritt.

  • Macron hat Recht. Seine Politik ist eine Schande.

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Eine Schande ist, dass Macrons Innenminister Castaner, obwohl er wusste, dass gewaltbereite rechtsextremistische Gruppen Randale machen wollten, den Einsatzkräften Zurückhaltung befohlen hat. Diese haben die Rechtsextremen gewähren lassen. Damit konnte schnell eine Pauschalverurteilung erzeugt werden. Marine Le Pen hat angeblich zu Gewalt aufgerufen und Gewalt erzeugt. Die Bewegung soll so diskreditiert werden. Tatsächlich hat sie folgende Frage gestellt" Qu’est-ce qui justifie que le peuple français ne puisse pas manifester sur les Champs-Elysées, où beaucoup d'autres rassemblements (Coupe du Monde, Nouvel An,...) ont lieu ? MLP#24NovembreParis#GiletsJaunes. Was rechtfertigt, dass das französische Volk nicht auf den Champs-Elysées demonstrieren kann, wo doch viele andere Versammlungen wie Fussball WM, Neujahrsfeier...stattfinden?



    Ich will hier nicht Le Pen in Schutz nehmen, aber diese billigen Taschenspielertricks vom Ex Pokerspieler Castaner, die gekünstelte Empörung Macrons zeigen nur die absolute Hilflosigkeit einer Regierung, die ihr Geld für Steuergeschenke an Superreiche ausgegeben( über 4 Milliarden € allein für die Abschaffung der Reichensteuer)hat und Ottonormalverbraucher zur Kasse bittet. Denn von den 4Milliarden der Spritpreiserhöhung gehen nur eine Milliarde in den Klimaschutz und drei Milliarden werden zum Stopfen der Haushaltslöcher verwendet, damit man knapp unter der 3% Grenze bleibt.

    • @82236 (Profil gelöscht):

      Macrons Argumente sind Kampfgas und Wasserwerfer. Nicht sehr überzeugend.