Nahles will Bürgergeld: Vorsichtiges Abrücken von Hartz IV
Die SPD-Chefin ist für ein neues „Bürgergeld“, sagt aber nichts zur Höhe des Regelsatzes. Regelungen zur Sanktionspraxis bleiben unklar.
Auch die Regel, dass angespartes Vermögen bis auf einen kleinen Teil ausgegeben oder verkauft werden muss, ehe ein Anspruch auf Hartz IV entsteht, will Nahles ändern: „Wer lange gearbeitet hat, darf daher auch nicht gezwungen sein, seine Ersparnisse zu verbrauchen“, schreibt sie. „Erspartes muss großzügiger geschützt werden.“
„Die neue Grundsicherung muss ein Bürgergeld sein – ein Recht auf Teilhabe für alle Bürgerinnen und Bürger“, schließt der Beitrag. Im Berliner Regierungsviertel wurde ihr Artikel als eindeutige Abkehr der SPD von Hartz IV gelesen: „Wir dürfen und wir werden Hartz IV nicht abschaffen“, entgegnete Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). „Solche Vorschläge sind hochgefährlich und schaden der Zukunft unseres Landes.“ Die Hartz-Reformen unter Gerhard Schröder seien richtig gewesen, so Altmaier gegenüber der Welt.
Allerdings erscheinen manche Passagen von Nahles’ Artikel wie eine Rechtfertigung der Hartz-IV-Regeln. So heißt es: „Es sind oft gar nicht die Leistungen selbst, die für Verdruss sorgen, sondern die erfahrenen Demütigungen und Stigmatisierungen.“ Dies lässt sich als Plädoyer für die Beibehaltung des jetzigen Hartz-IV-Regelsatzes von 416 Euro lesen, während gleichzeitig ein neues Wort für die Grundsicherung gefunden werden soll – das „Bürgergeld“.
Nahles hatte bereits auf dem Debattencamp der Sozialdemokraten am vorletzten Wochenende angekündigt: „Wir werden Hartz IV hinter uns lassen.“ Die SPD steht unter Zugzwang, nachdem Grünen-Chef Robert Habeck einen noch weiter reichenden Vorschlag zum Ende von Hartz IV gemacht hat. Demnach sollen Sanktionen gänzlich abgeschafft werden, auch der Regelsatz soll – in unbekannter Höhe – steigen. Die Linkspartei will einen Regelsatz von 560 Euro.
Kritik an Nahles’ Text kam am Wochenende von der FDP. Die SPD laufe den Grünen hinterher. Beide Parteien versprächen „Millionen an Sozialtransfers“, sagten aber nicht, „woher das Geld dafür kommen soll“, so der FDP-Vorsitzende Christian Lindner.
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