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Anleger schmeißen Kohle raus

Von Kommunen bis hin zu Pensionsfonds: Klimaschutz bei Geldgeschäften ist ein Thema für institutionelle Investoren. Auch Verbraucher haben Einflussmöglichkeiten, etwa bei der Wahl ihrer Bank für das Girokonto

Von Bernward Janzing

Die Landkreise Wesel, Siegen-Wittgenstein und Viersen haben es vorgemacht – sie haben ihre RWE-Aktien verkauft. Dabei spielte einerseits die grundsätzliche Kritik an den Geschäften mit der Kohle eine Rolle, aber auch die Aussicht auf eine künftig nur dürftige Dividende. Denn – so die Überlegung – was gesellschaftlich immer weniger akzeptiert wird, kann auf Dauer keine gute Investition mehr sein.

Noch konsequenter war der Beschluss unterdessen in in der Stadt Münster, die als erste in Deutschland schon im Jahr 2015 beschloss „nicht mehr in Bereiche zu investieren, die unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ethischer und/oder ökologischer Art problematisch sind“. Und das bedeutet für Münster unter anderem: „Keine Beteiligung an Unternehmen, die Atomenergie erzeugen oder auf nicht nachhaltige und klimaschädliche Energien setzen.“

Unter Kommunen – speziell in Nordrhein-Westfalen, wo viele Städte traditionell große Pakete von RWE-Aktien halten – wird die Frage, ob die Investition in klimaschädliche Geschäftsmodelle noch vertretbar ist, immer intensiver diskutiert. Greenpeace Köln trug kürzlich den Status quo zusammen: Dortmund ist danach mit aktuell 23,61 Millionen RWE-Aktien der größte kommunale Investor, Essen steht mit 18,76 Millionen an zweiter Stelle. Auch der Hochsauerlandkreis und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe verfügen über viele Millionen Aktien des Kohleverstromers RWE.

Dieser Geldanlage halten Aktivisten zunehmend das neue Schlagwort „Divestment“ entgegen. Das ist das Gegenteil von Investment und bedeutet, dass Anleger Aktien, Anleihen oder Investmentfonds, die als unethisch angesehen werden, abstoßen. „Mit jeder Institution, die sich öffentlich von den Kohle-, Öl- und Gasunternehmen trennt, höhlen wir deren Macht, ihre unmoralischen Geschäftspläne weiterzuverfolgen, ein bisschen mehr aus“, schreibt die Kampagne Fossil Free, hinter der die internationale Klimaschutz-Organisation 350.org steht. Motto: „Wenn es falsch ist, das Klima zu zerstören, dann ist es auch falsch, von dieser Zerstörung zu profitieren.“

Doch wie kann man in der Praxis verhindern, dass mit dem eigenen Geld Unternehmen gestützt werden, deren Geschäftsmodell die fossilen Energien sind? Die Frage stellen sich nicht nur Kommunen und Rentenfonds, die nachhaltig agieren wollen. Die gleiche Frage stellen sich auch private Anleger.

Hinweise gibt das Siegel des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG). Dieses nimmt ab 2019 auch den Kohlebergbau, die Kohleverstromung sowie Ölsande und Fracking als Ausschlusskriterien auf. Entsprechende Geschäfte die nur wenige Prozent des Umsatzes ausmachen, werden allerdings noch akzeptiert.

Institutionelle Anleger achten mitunter auf dieses Siegel: Der 10,4 Milliarden Euro schwere NRW-Pensionsfonds orientiere sich zum Beispiel explizit am FNG-Siegel, teilt das Forum stolz mit. Ebenso böten auch Fondsplattformen, Fintech-Unternehmen, Vermögensverwalter und Finanzvermittler mittlerweile Portfolios teilweise exklusiv mit Fonds an, die das FNG-Siegel tragen.

Frei von Unternehmen der fossilen Energiewirtschaft sind die Fonds in der Regel jedoch nicht. Wer das wünscht, also auch keine Öl- und Erdgasfirmen im Portfolio akzeptiert und auch keine Unternehmen, die dem Verbrauch fossiler Energien Vorschub leisten – wie Autofirmen und Fluglinien –, hat es hingegen schwer. Ein einschlägiges Label gebe es in diesem Fall nicht, heißt es beim FNG. Da müsse man sich dann durch die einzelnen Nachhaltigkeitsprofile der knapp 300 Fonds wühlen, die das FNG erstellt hat

Wer vordringlich die Kohle als Anlage vermeiden will, findet auch bei Urgewald Informationen. Die Organisation hat eine Datenbank erstellt zu der Frage, inwiefern Unternehmen im Bereich Kohle aktiv sind (coal­exit.org). Seit 2017 stellt außerdem Climetrics den Investoren ein Klima-Rating für Fonds zur Verfügung. Dieses ermöglicht es Anlegern, Auswirkungen auf den Klimawandel in ihre Investitionsentscheidungen miteinzubeziehen (climetrics-rating.org).

Und wer als Privatkunde wissen möchte, wie sehr seine Hausbank das Thema Nachhaltigkeit ernst nimmt, findet dazu im Fair Finance Guide (fairfinanceguide.de) Informationen. Der weist zum Beispiel aus, dass die einschlägig bekannten Alternativbanken GLS, Triodos und Ethikbank beim Thema Klima zu 85 bis 87 Prozent nachhaltig wirtschaften, während hingegen die Deutsche Bank nur auf 18 und die Postbank auf gerade 11 Prozent kommen.

Ein Kriterium hierbei: „Banken müssen sich verpflichten, ihre Investitionen in fossile Energien (Kohle, Öl, Gas) zu beenden.“ Somit stellt sich das Thema Klimaschutz nicht nur bei Fonds und Aktien, sondern bereits bei der Wahl des privaten Girokontos.

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