piwik no script img

Vier Jahre Pegida4.000 „Patrioten“ erwartet

Jubiläum und Gegenprotest: Das Dresdner Bündnis „Herz statt Hetze“ will am Sonntag mehr TeilnehmerInnen mobilisieren als die Rechtsextremen.

Besorgte Henker: Galgen bei einer Pegida-Demo in Dresden 2014 Foto: dpa

Dresden taz | Der vierte Jahrestag des Auftretens der Dresdner Pegida-Bewegung am Sonntag wird nicht ohne Antwort bleiben. Zeitgleich mit der Pegida-Kundgebung am Neumarkt vor der Frauenkirche rufen etwa 20 zivilgesellschaftliche Gruppen zu Protesten unter dem Titel „Herz statt Hetze“ auf.

Mehrere Demonstrationszüge sollen sich 15.30 Uhr zu einer Abschlusskundgebung auf dem zentralen Postplatz vereinigen. Nach anfänglichen Irritationen bekräftigte die Sprecherin des Bündnisses Rita Kunert, dass auch Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sprechen wird. „Wir freuen uns über seine Teilnahme“, sagte sie am Donnerstag.

Die „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ hatten sich erstmals am 17.Oktober 2014 in Dresden versammelt. Die von dem mehrfach vorbestraften Lutz Bachmann geführte nationalistische Bewegung wuchs schnell an und erreichte mit bis zu 25.000 Teilnehmern zum Jahreswechsel 2014/15 einen Höhepunkt.

Harter Kern

Seit langem stagniert die Teilnehmerzahl der „Abendspaziergänge“ am Montag aber bei maximal 2.000. Die Bewegung hat sich radikalisiert und versteht sich mittlerweile als „Straßenarm“ der AfD. Ihr harter Kern reist zu Brennpunkten verbaler oder tätlicher Gewalt gegen Fremde wie zuletzt in Chemnitz.

Zu den „grandiosen Reden bekannter nationaler und internationaler Patrioten“ erwartet Pegida am Sonntag 4.000 Teilnehmer. In dieser Größenordnung hat auch „Herz statt Hetze“ die Kundgebungen angemeldet. Der Aufruf „Für ein solidarisches Dresden ohne Rassismus“ wendet sich „gegen die Lügen, die Pöbeleien, die verbale und körperliche Gewalt“ und gegen „einen Hass, der mit der AfD auch in die Parlamente eingezogen ist“.

Auch der OB spricht

Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert unterstützt das Anliegen vorab mit einer Botschaft und wird am Sonntag auch selbst sprechen. Man sei von der verfassungsmäßig gebotenen Gleichwertigkeit aller Menschen leider viel zu weit entfernt, bedauert der OB.

Ein Friedensgebet in der Frauenkirche gestalten wird eine Vereinigung ehemaliger Mitglieder des Dresdner Kreuzchores namens Erhebet Eure Herzen.

Auf das Grundgesetz berief sich bei der Vorstellung des Demonstrationsprogramms auch der weltweit renommierte Onkologe Gerhard Ehninger, einer der maßgeblichen Initiatoren des Widerstandes gegen den „nationalen Widerstand“ der vergangenen Jahre. „AfD und Pegida legen die Axt an den Kunst- und Wissenschaftsstandort Dresden“, sagte er.

Ehninger vertritt das 2015 entstandene und von 3.500 Personen getragene Bündnis „Dresden Respekt“. Auch Ehninger erklärte, dass Ministerpräsident Kretschmer seine bereits im August gegebene Zusage ihm gegenüber nochmals erneuert habe.

„Laute Mugge“ angesagt

Ein Friedensgebet in der Frauenkirche gestalten wird eine Vereinigung ehemaliger Mitglieder des Dresdner Kreuzchores namens „Erhebet Eure Herzen“. „Laute Mugge“ hingegen verspricht Lennart Happe von „Tolerave“ aus der Club- und Subkultur. Er bezweifelt die Aussage des Oberbürgermeisters, eine übergroße Mehrheit der Dresdner teile das Motto „Herz statt Hetze“.

In der Tat zeigte sich die sächsische Landeshauptstadt bei Protesten gegen Hetze, Rassismus und Nationalismus bislang weit weniger mobilisierungsfähig als etwa Leipzig. Nur 100 bis 300 Demokraten zeigen regelmäßig an den Montagen Gesicht gegen Pegida. Das werden sie unter dem Motto „Nationalismus raus aus den Köpfen“ auch in Hör- und Sichtweite der Rechten am Neumarkt tun. Deren Verteter Max Platz zeigte sich allerdings unzufrieden mit den schwierigen Anmarschbedingungen wegen der Sperrung des Platzes vor der Frauenkirche, zumal wegen eines Marathons weitere Straßen in Dresden unpassierbar sind.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare