Urteil des Europäischen Gerichtshofes: Abtreibungsgegner verliert vor Gericht
Klaus Günter Annen verglich einen Forscher mit KZ-Ärzten und wurde verurteilt. Das Urteil ist dem EuGH zufolge kein Verstoß gegen Meinungsfreiheit.
Das Gericht des Europarats lehnte die Beschwerde von Klaus Günter Annen gegen ein Urteil des Amtsgerichts im baden-württembergischen Weinheim ab: Es hatte den bekannten Abtreibungsgegner im November 2008 zu einer Geldstrafe von insgesamt 450 Euro verurteilt, weil er einen Professor der Universität Bonn beleidigt hatte, der zu Stammzellen forschte.
Annen hatte den Wissenschaftler in einer Pressemitteilung mit Ärzten verglichen, die Experimente an Menschen in NS-Konzentrationslagern durchgeführt hatten. Seine Versuche, das Urteil anzufechten, scheiterten. Annen sah dadurch sein Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt.
Dieser Argumentation folgte der Gerichtshof nicht. Der Vergleich sei „schockierend und verstörend“ gewesen – damit habe Annen die Grenzen akzeptabler Kritik überschritten, heißt es in dem Urteil. Das gelte, obwohl der Professor als Figur des öffentlichen Lebens ein weniger großes Schutzbedürfnis habe als ein unbekannter Mensch. Annen kann die Entscheidung der Richter innerhalb von drei Monaten anfechten.
Der Abtreibungsgegner aus Weinheim beschäftigt seit Jahren die Justiz. Vor drei Jahren hatte das Europäische Menschenrechtsgericht dem Mann noch Recht gegeben: Es urteilte 2015, Deutschland habe seine Meinungsfreiheit verletzt, als es Flugblätter des Mannes verbot. Darin hatte er auf Morde in dem Vernichtungslager Auschwitz verwiesen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“