Erich Rathfelder über die Volksabstimmung in Mazedonien
: Das Feindbild hat ausgedient

Die Volksabstimmung über die Namensänderung der „Ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien“ in „Nordmazedonien“ sollte den leidigen langjährigen Streit mit Griechenland beenden und das Land in die Europäische Union und die Nato führen. Doch auch wenn 91 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die Namensänderung stimmten, so nahmen überhaupt nur 37 Prozent des Wahlvolkes an der Volksabstimmung teil. Zu wenig, um die Entscheidung herbeizuführen, dazu hätte es eine Wahlbeteiligung von 50 Prozent gebraucht.

Dabei ging es bei der Abstimmung um viel mehr als um einen Namen – es ging um die Zukunft des Landes und um die existentielle Frage, ob das Land in die EU und die Nato eintreten soll. Trotzdem gelang es nicht, die wahlmüde und politikskeptische Mehrheit der Menschen, die zwar nach allen Umfragen für die Integration in die EU und die Nato sind, zum Urnengang zu bewegen.

Die nationalistische Rechte VMRO-DPNE dagegen hat alles getan, um die Menschen buchstäblich von den Wahllokalen fernzuhalten. Sie sieht sich am Rande eines Abgrundes. Gewänne nämlich der Regierungschef und Sozialist Zoran Zaev noch einmal, könnte die VMRO-DPNE nie mehr wie bisher das Feindbild Griechenland an die Wand malen. Die skurrile Vereinnahmung von Alexander dem Großen als Held der slawischen Mazedonier reicht nicht mehr, um eine negative Stimmung gegen die nationale Gegensätze ausgleichende Regenbogenkoalition unter Zaev zu schaffen. Das Feindbild Griechenland wird nicht mehr dazu taugen, Wahlen zu gewinnen.

Zaev hat es mit der Namensänderung geschafft, die Griechen zu überzeugen, endlich ihren Widerstand gegen die Integration Mazedoniens in die EU und Nato aufzugeben. Jetzt muss der Hoffnungsträger der Linken auf dem Balkan zeigen, dass er die Nerven behält. Er muss eine Zweidrittelmehrheit im Parlament zustande bringen. Das geht nur mit Überläufern. Wenn das nicht gelingt, muss er zur Klärung der Verhältnisse Neuwahlen ausrufen.

Allen Rückschlägen zum Trotz: Zoran Zaev und sein griechischer Kollege Alexis Tsipras sind dabei, die politischen Koordinaten auf dem Südbalkan positiv zu verändern.

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