Kommentar Ermittlungen gegen Salvini: Nur ein Sprücheklopfer? Von wegen
Die Lega, die Partei von Italiens Innenminister, hatte schon immer ein gestörtes Verhältnis zum Recht. Aber erst Salvini lässt Worten Taten folgen.
![Salvini in einem Swimmingpool Salvini in einem Swimmingpool](https://taz.de/picture/2919129/14/Salvini_im_Swimmingpool.jpeg)
War es bloß Rechtsbeugung oder gar offener Rechtsbruch? Ausgerechnet gegen den Innenminister des Landes, den Lega-Chef Matteo Salvini, ermittelt jetzt Italiens Justiz – wegen Delikten, die es in sich haben: Freiheitsberaubung, illegale Festnahme, Amtsmissbrauch. Denn Salvini hatte, einfach so, 137 Flüchtlinge zehn Tage lang auf einem Schiff der Küstenwache festhalten lassen.
Ein leicht gestörtes Verhältnis zum Recht zeichnet die Lega – früher Lega Nord – schon aus, seit sie in der italienischen Politik unterwegs ist, seit den späten achtziger Jahren also. Der Lega-Gründer Umberto Bossi etwa tönte gerne, mit der italienischen Fahne werde er sich den Hintern abputzen, und drohte auch schon mal, 100.000 brave Norditaliener seien bereit, zu ihren Gewehren zu greifen, um die Sezession des Nordens durchzusetzen.
Doch dem rechtswidrigen Gerede folgten keine Taten, auch nicht in jenen Jahren, als die Lega Nord in den Berlusconi-Kabinetten mitregierte. Das, so scheint es, hat sich jetzt mit Salvini geändert. Aus dem Innenministerium heraus betreibt er, an der Genfer Flüchtlingskonvention, am internationalen Seerecht, an den italienischen Gesetzen vorbei, eine Politik der radikalen Abschottung Italiens.
Dass es im Land einen Flüchtlingsnotstand schlicht nicht gibt – dieses Jahr liegt die Zahl der Ankünfte unter 20.000 –, ist für ihn unerheblich. Schließlich ist ihm jeder einzelne Flüchtling einer zu viel – und kommt ihm zugleich gerade recht, um seine „Italiener zuerst!“-Rhetorik zu befeuern.
So führen Salvinis Eskalationen einerseits zu satten Popularitätsgewinnen, die seine Lega in den Meinungsumfragen von den bei den Wahlen erreichten 17 Prozent auf nunmehr 30 Prozent hochkatapultiert haben. Dem EU-Gegner ist es andererseits aber auch nur allzu recht, wenn die Beziehungen Italiens zur Union immer frostiger werden. Die Hoffnung jedenfalls, Salvini lasse es bei markigen Sprüchen bewenden, kann man wohl beiseitelegen. Dieser Mann meint es ernst.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss