Rechtsextreme Straftaten: Identitäre werden krimineller
Über 100 Straftaten schreibt die Regierung der Identitären Bewegung seit April 2017 zu. Am Samstag will das völkische Netzwerk in Dresden feiern.
Jeweils 20 Straftaten wurden in Nordrhein-Westfalen und Bayern, danach folgen Baden-Württemberg mit 14 und Berlin mit 12 erfassten Fällen. 39 Taten entfallen auf das Jahr 2018. Im gesamten Jahr 2017 waren es 91 Delikte. 2016 wurden 77 rechte Straftaten mit IB-Bezug erfasst, 2015 waren es 41.
Trotz dieses Anstiegs hält die Bundesregierung an der Einschätzung fest, es sei nicht zu erwarten, dass die Identitäre Bewegung von ihrem „grundsätzlichen Gewaltverzicht“ abweiche. Lediglich eine „Radikalisierung einzelner Mitglieder oder Sympathisanten“ müsse einkalkuliert werden. Beim Verfassungsschutz wird die IB momentan als Verdachtsfall geführt. Unter diesem Begriff erfasst der Geheimdienst Organisationen, die nach seiner Auffassung „nicht eindeutig extremistisch“ sind, bei denen aber „tatsächliche Anhaltspunkte“ für extremistische Bestrebungen vorliegen.
Die Identitäre Bewegung ist ein Netzwerk völkischer Aktivisten, das vor allem in Frankreich, Österreich und Deutschland aktiv ist. Die Identitären propagieren einheitliche Volksgemeinschaften, die rein gehalten werden und vor fremden Einflüssen geschützt werden müssten.
Wird die Bedrohung verharmlost?
2017 hatte die IB in Deutschland laut Verfassungsschutz rund 500 Mitglieder, 2016 waren es noch 300. Diese teilen sich nach den Angaben der völkischen Organisation auf 100 Ortsgruppen in 17 Regionalverbänden auf. Eigene Zahlen zur Anzahl der Ortsgruppen nannte die Bundesregierung nicht.
„Die Bundesregierung geht mit ihrer Einschätzung, die Identitäre Bewegung würde Gewalt ablehnen, der rechten Propaganda vollkommen auf den Leim“, sagt Renner. Die Sicherheitsbehörden würden die von der Identitären Bewegung ausgehende Bedrohung verharmlosen, meint die Sprecherin für antifaschistische Politik der Linksfraktion.
Großkundgebung in Dresden
Die Bundesregierung müsse sich auch fragen lassen, warum in der Statistik mehrere öffentlich gewordene Straftaten mit Bezug zur IB nicht aufgeführt seien, so Renner. Tatsächlich fehlen mehrere bekannt gewordene Angriffe von Identitären. So listet die Regierung zwar die Blockade vor dem Justizministerium im Mai 2017 auf. Unerwähnt bleibt jedoch, dass ein Identitärer damals fast einen Zivilpolizisten umgefahren hatte, woraufhin ein Haftbefehl gegen ihn erging.
Am vergangenen Samstag hielt die Identitäre Bewegung auf einer Grünfläche nahe der Dresdener Innenstadt eine Großkundgebung ab. Das völkische Netzwerk erwartete rund 600 Teilnehmer. Die Bundesregierung gab in der Antwort an, bei der Veranstaltung handele es sich um „ein zentrales Ereignis der IB mit aus deren Sicht europaweiter Bedeutung“. Als Redner wurden unter anderem der Kopf der österreichischen Identitären, Martin Sellner erwartet. Zahlreiche Gegenproteste wurden angekündigt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative