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Kommentar US-Sanktionen gegen IranEin Verstoß gegen das Völkerrecht

Andreas Zumach
Kommentar von Andreas Zumach

Die US-Sanktionen gegen den Iran werden dort wohl einen Regierungswechsel bewirken – vom gemäßigten Präsidenten Ruhani hin zu Hardlinern.

Seine politische Zukunft ist in Gefahr: der iranische Präsident Hassan Ruhani Foto: dpa

D ie Sanktionen der USA gegen Iran und ihre extraterritoriale Ausweitung auf die Wirtschaftsbeziehungen, die Firmen und Banken von Drittstaaten mit Teheran unterhalten, verstoßen gegen multilaterale Handelsverträge und gegen das Völkerrecht. Leidtragende sind die Menschen im Iran.

Die EU und die Regierungen in Berlin, Paris und London waren zu feige, die durchaus zur Verfügung stehenden politischen, wirtschaftlichen und juristischen Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Die Sanktionen werden keines der Ziele erreichen, mit denen die Trump-Administration sie begründet.

Ein besseres Nuklearabkommen mit Teheran als den einseitig von Trump aufgekündigten Vertrag wird es nicht geben. Der Verweis auf die angeblich erfolgreiche Droh-, Sanktions- und Verhandlungspolitik Trumps gegenüber Nordkorea ist abwegig. Zum einen hat Trump bei seinem Treffen mit Kim Jong Un nichts erreicht außer einer völlig vagen Absichtserklärung zur Einstellung des nordkoreanischen Atomwaffenprogramms, an die sich Pjöngjang nach Erkenntnis nicht nur der US-amerikanischen Geheimdienste ohnehin nicht hält. Zweitens ist Nordkorea selbst mit Atombombe ein wirtschaftlich ausgebluteter Hungerstaat, isoliert in seiner Region und weit­gehend auch von China und Russland.

Iran hingegen ist auch ohne Atombombe eine veritable Regionalmacht mit Verbündeten fast überall im Nahen Osten und mit Unterstützung auch aus Peking und Moskau. Die Sanktionen gegen Iran werden sehr wahrscheinlich einen Regierungswechsel in Teheran bewirken. Allerdings nicht jenen Wechsel hin zu mehr außenpolitischer Zurückhaltung in der Region und zu mehr politischen Freiheiten und wirtschaftlichen Möglichkeiten für die iranischen BürgerInnen, der in Washington und Tel Aviv so lautstark gefordert wird. Das Gegenteil wird eintreten: Der zumindest vergleichsweise gemäßigte und reformorientierte Präsident Hassan Ruhani wird von den innen-und außenpolitischen Hardlinern verdrängt werden.

Diese Dynamik der Verhärtung ist immer eingetreten, wenn die USA sowie zeitweise auch die EU Iran in den letzten knapp 40 Jahren unter wirtschaftlichen und politischen Druck gesetzt haben. Sei es nach der islamischen Revolution 1979 oder Anfang des Jahrtausends im Streit über Irans Nuklearprogramm. Sollten die Hardliner in Teheran an die Macht zurückkehren, würde auch das dritte Ziel verfehlt, mit dem die Sanktionen von der Trump-Administration begründet und weshalb sie auch hierzulande von mancher Seite unterstützt werden: Die potenzielle Gefährdung Israels wird nicht geringer werden, sondern größer.

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Andreas Zumach
Autor
Journalist und Buchautor, Experte für internationale Beziehungen und Konflikte. Von 1988-2020 UNO- und Schweizkorrespondent der taz mit Sitz in Genf und freier Korrespondent für andere Printmedien, Rundfunk-und Fernsehanstalten in Deutschland, Schweiz,Österreich, USA und Großbritannien; zudem tätig als Vortragsreferent, Diskutant und Moderator zu zahlreichen Themen der internationalen Politik, insbesondere:UNO, Menschenrechte, Rüstung und Abrüstung, Kriege, Nahost, Ressourcenkonflikte (Energie, Wasser, Nahrung), Afghanistan... BÜCHER: Reform oder Blockade-welche Zukunft hat die UNO? (2021); Globales Chaos-Machtlose UNO-ist die Weltorganisation überflüssig geworden? (2015), Die kommenden Kriege (2005), Irak-Chronik eines gewollten Krieges (2003); Vereinte Nationen (1995) AUSZEICHNUNGEN: 2009: Göttinger Friedenspreis 2004:Kant-Weltbürgerpreis, Freiburg 1997:Goldpreis "Excellenz im Journalismus" des Verbandes der UNO-KorrespondentInnen in New York (UNCA) für DLF-Radiofeature "UNO: Reform oder Kollaps" geb. 1954 in Köln, nach zweijährigem Zivildienst in den USA 1975-1979 Studium der Sozialarbeit, Volkswirtschaft und Journalismus in Köln; 1979-81 Redakteur bei der 1978 parallel zur taz gegründeten Westberliner Zeitung "Die Neue"; 1981-87 Referent bei der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste, verantwortlich für die Organisation der Bonner Friedensdemonstrationen 1981 ff.; Sprecher des Bonner Koordinationsausschuss der bundesweiten Friedensbewegung.
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10 Kommentare

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  • Wer aus der Geschichte nicht lernt, der ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.

    www.dw.com/de/1953...okratie/a-17008768

    „1953: Irans gestohlene Demokratie



    ...



    Im Sommer 1953 startete der US-Geheimdienst in Teheran die "Operation Ajax": Die CIA bestach Politiker, Offiziere und Geistliche und wiegelte sie zur Opposition gegen Mossadegh auf. Gleichzeitig überredete sie den Schah Reza Pahlavi, Mossadegh per Dekret seines Amtes zu entheben. Am 19. August kam es zu einer Straßenschlacht zwischen Mossadegh-Anhängern und Putschisten vor dem Privathaus des Premierministers. "Man wunderte sich über die Menschen, die da gegen Mossadegh demonstrierten", erzählt Bahman Nirumand, der den Putsch als Schüler in Teheran aus nächster Nähe miterlebte: "Da waren ganz schlimme Killerbanden darunter, und arme Menschen aus dem Süden der Stadt, die man mit Geld bestochen hatte." Als dann das Schah-treue Militär eingriff, wurde Mossadegh gestürzt und seine Regierungszeit fand ein jähes Ende.“

    de.wikipedia.org/w...Iran-Contra-Affäre

    „Von der Reagan-Regierung wurden Einnahmen aus geheimen Waffenverkäufen an den Iran an die rechtsgerichtete Guerilla-Bewegung der Contras in Nicaragua weitergeleitet, um sie bei dem Contra-Krieg gegen die sandinistische Regierung zu unterstützen.



    ...



    Im Zeitraum vom 20. August 1985 bis zum 28. Oktober 1986 wurden insgesamt 2.515 TOW-Systeme sowie 258 HAWK-Systeme bzw. deren Teile, auch via Israel, an den Iran geliefert. Die Transporte wurden überwiegend von zivilen Fluggesellschaften, wie beispielsweise Southern Air Transport oder St. Lucia Airways, ausgeführt.“

  • Die iranische Bevölkerung ist doch gar nicht auf der Seite der Diktatur.

  • Ein Beispiel für das schlimme Appeasement Andreas Zumachs.

  • "Ein besseres Nuklearabkommen mit Teheran als den einseitig von Trump aufgekündigten Vertrag wird es nicht geben."

    Ach, sehr geehrter Herr Zumach, diesmal definitiv? Und das wissen sie woher?

    Zitat aus ihren Artikel "Der koreanische Mauerfall" von Anfang Mai:



    "Und just dieser Entspannungserfolg im Konflikt mit Nordkorea könnte es dem US-Präsidenten innenpolitisch ermöglichen, militärisch gegen Iran vorzugehen."

    Könnte, hätte, möglicherweise, sollte.



    Mir ist klar das es bei den von ihnen behandelten Themen nicht ohne Spekulationen gehen kann; da einfach viel zu komplex und die benötigten Infos oft nur schwer zu kriegen sind. Nur eine Feststellung, bitte nicht als Kritik an ihrer Recherchearbeit missverstehen.

    Was ich mich allerdings frage: Warum spielten sie Anfang Mai mit der Angst der Leser, Trump könnte den Iran angreifen? Obwohl es dafür keinerlei Anzeichen gab (und übrigens auch bis heute nicht gibt)?

    Und beim aktuellen Artikel frage ich mich, warum sie das erklärte Ziel der Sanktionen verschweigen: der Iran soll niemals in den Besitz von Atomwaffen kommen; sollte es über die Sanktionen zum Regime Change kommen, so ist dieser nur "Beifang" und keineswegs gewollt oder provoziert (ausnahmsweise mal).

    Eine Form von "TDS"?

    • @Der Mann, der unter einen Stein hervorkroch:

      Keine Anzeichen für einen Krieg? Naja, experten Warnen seit ungefähr Anfang des Jahres das es aus Amerika deutliche Anzeichen für die Vorbereitung eines Regiemwechsels für den Iran gibt und wenn man akktuell etwas quer ließt werden die sanktionen von manchen als weitere vorbereitungs stufe dazu interpretiert.



      Es ist sogar so, das macher experte davon ausgeht das trump entwender iran oder nordkorea angreifen möchten, was der von ihn wieder gegebene Satz ausdrückt.



      Und zu ihrer letzten Behauptung, bei den Sanktionen würde es um die verhinderung von iranischen atomwaffen gehen, stellt sich doch die frage, warum der allte deal aufgekündigt wurde, hat er doch genau dafür gesorgt. Vielleicht weil der Iran vor dem Abkommen an Atomwaffen geforscht hat, was durch das Abkommen unterbunden wurde?

      • @Arianus:

        "Und zu ihrer letzten Behauptung, bei den Sanktionen würde es um die verhinderung von iranischen atomwaffen gehen, stellt sich doch die frage, warum der allte deal aufgekündigt wurde, hat er doch genau dafür gesorgt."

        Falsch! Genau das hat er nicht getan!

        Es ist ein Fakt, daß der Atomdeal es letztlich dem Iran wesentlich einfacher macht Atomwaffen herzustellen (sofern sie überhaupt wollen; aber allein die Möglichkeit das der Iran A-Waffen herstellen könnte ist nicht akzeptabel). Hier haben die Iraner wirklich geschickt verhandelt und jeden "Global Player" wie EU, USA, Russland und China über den Tisch gezogen.

        Egal was man von Trump hält; mit der Aufkündigung des Deals (diese Möglichkeit stand von Anfang an im Vertrag; nichts da von wegen Wortbruch) versucht er einen schweren Fehler zu korrigieren.

  • Ein guter Kommentar gegen die unsägliche Dummheit und Arroganz derjenigen, die offensichtlich nicht in der Lage sind, über die Konsequenzen ihres Handeln nachzudenken.

  • 8G
    82236 (Profil gelöscht)

    Trump will, dass es zwischen dem Iran und Saudi Arabien zum grossen Show Down kommt. Dass die Hardliner an diesmal auch wieder an die Macht kommen, ist nicht zwingend. Die iranische Gesellschaft wandelte sich schnell unter der oberfläche brodelt es, die jungen unter dreissigjährigen world wide connected, bilden die Mehrheit und die wollen keine Regime wie das von Ahmadenischad mehr.

  • Jaja, der gute alte Regime Change. Vielleicht will man die Iraner aber auch nur so lange foppen, bis sie sich, zur Ehrenrettung der Mullahs, mit den Saudi´s, via ihrem quasi Mündel Irak, gegenseitig zu zerfleischen beginnen. Denn die Wahabiten haben mithin schon viel zu viel Einfluss, äh Panzer und in einem ruinösen Waffengang, könnte man für Beide, die Balance zu Israel trefflich wiederherstellen. Die Idee hat doch was. US-Fracking Öl wäre auf zehn Jahre hinaus wieder konkurrenzfähig billig, den Russen könnte man Syrien heimzahlen, die ganzen Flüchtlinge ziehen nach Europa zur gezielten Destabilisierung. Und wenn der Erdogan dicke Backen macht, dann knallt man ihm auf den qualmenden Resten, noch einen souveränen Kurdenstaat vor den Latz.



    Ich kann mir ganz, ganz viel vorstellen, aber nie, niemals, dass Amerika die feste Absicht hat, mit seinem Vorgehen den Iran mittelfristig in eine Demokratie transformieren zu wollen.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Ein Lehrstück über die Grenzenlosigkeit menschlicher Dummheit. Selten trefflicher ausgedrückt als in der Schlussszene über Professor Abronsius in Polanskis legendärem 'Tanz der Vampire' (ca. 1966).