Übernutzte Grünflächen: Problembälle im Park
Die Funsportart Bubble Soccer erobert auch in Berlin immer mehr Fans – und öffentliche Grünflächen. Das ist nicht in jedem Fall legal.
„Foulen ist definitv erwünscht“, beschreibt Delf Deicke, Geschäftsführer und Inhaber von „BigBalls Soccer“, die Idee des Spiels, das seine Firma verkauft. Das Schöne an der neuen Sportart sei, dass es nicht nur Spaß bringe, wenn man mitspiele, sondern auch lustig sei, wenn man nur zuschaut: „Gerade deshalb ist es für größere Gruppen gut geeignet, ein Hingucker bei Junggesellenabschieden oder Kindergeburtstagen.“
Vom Spaßfaktor des neuen „Fun-Sports“ Bubble Soccer kann man sich an Wochenenden in manchem Berliner Park selbst überzeugen. Etwa im Volkspark Friedrichshain: Kommt man vom Eingang der Paul-Heyse-Straße, sieht man die großen Bälle schon von Weitem.
Gespielt wird, indem man in die luftgefüllten, transparenten Kunststoffbälle schlüpft, die etwa 70 Zentimeter hoch sind, einen Durchmesser von fast eineinhalb Metern und ein Loch in der Mitte haben. Darin stecken die Spieler*innen, von denen nur noch die Beine unten herausschauen. Im Inneren der Öffnung befinden sich Gurte zum Umschnallen und Griffe zum Festhalten.
Wie ein Käfer auf dem Rücken
Das Spielprinzip ist einfach: Die Bubble puffert Stöße ab, wie ein Airbag. Deshalb kann man sich gegenseitig anrempeln – „bouncen“ heißt das in der „Fachsprache –, ohne sich zu verletzen. Wer umfällt, kullert über den Boden und liegt wie ein Käfer auf dem Rücken. „Deshalb ist es gut, viele umzurempeln und Tore zu schießen, während alle noch versuchen, aufzustehen“, so Deicke.
Weil es in erster Linie Spaß machen soll, gibt es verschiedene Spielarten. So können Spiele mit nur einem, mit zwei oder mehr Bällen durchgeführt werden. Die Teams bestehen aus vier bis fünf Spielern.
Die Spieleinheiten dauern nicht länger als fünf bis sieben Minuten, da es anstrengend sei, „wie ein Power-Work-out“, so Deicke. Das „Bouncen“ koste viel Kraft; Koordination, Ausdauer und „nicht zuletzt die Lachmuskeln“ würden trainiert. Ein anderes Spiel ist „Arrow Tag“. Dabei beschießen sich die Spieler*innen mit Pfeil und Bogen. Damit es nicht wehtut, bestehen die Pfeilspitzen aus weichen Gummibällen. Beim „Dartfußball“ werden Fußbälle mit Klettverschluss auf eine überdimensionierte Dartscheibe geschossen.
Die Spaß-Events sind nicht nur bei Deickes Firma online buchbar. Je nach Anbieter liegen die Kosten bei bis zu 390 Euro für ein 10er-Set Bälle mit Gebläse zum Aufblasen. Gegebenenfalls kommen die Kosten für einen von der Firma gestellten Betreuer dazu. BigBall Soccer verlangt etwa 250 Euro für 90 Minuten, Mister Neo bietet Events für eineinhalb Stunden ab 29,90 Euro pro Person.
„Es ist eine Grauzone“
Doch nicht alle finden den kommerziellen und platzgreifenden Spaß im öffentlichen Raum zum Lachen. Die dabei genutzten Flächen müssten weiterhin für alle zugänglich sein, erklärt die Pressesprecherin des Bezirksamts Pankow, Sara Lühmann. So dürften keine Spielfelder abgesteckt werden. Sicher sei es möglich, die Ecken des Spielfelds etwa mit Rucksäcken zu markieren: „Es ist eine Grauzone“, so Lühmann.
Solange es keinen offiziellen Veranstalter gebe, sei es durchaus legitim, auch mit einer größeren Gruppe im Park Spiele zu spielen. Doch den kommerziellen Anbietern gehe es „ums Geldverdienen“, betont Lühmann. Dafür müsse eine gebührenpflichtige Sondernutzung beantragt werden.
An diesem Samstag ist auch Deickes „BigBalls Soccer“ im Volkspark Friedrichshain vertreten. Die Firma aus Hamburg verleiht das Equipment und produziert die Bälle seit 2013 sogar selbst. Auch an Schulen und Jugendzentren habe man die Bubbles verkauft, sagt Deicke: „Problemkinder“ könnten sich damit auf spielerischem Weg „batteln“. „Wir sind jedes Wochenende in ganz Deutschland und Österreich unterwegs“, so Deicke. Ein Betreuer sei eigentlich immer dabei. Der gebe Hilfestellung und taktische Tipps.
Auch der Berliner Bubble-Soccer-Anbieter „Mister Neo“ ist jedes Wochenende im Volkspark Friedrichshain, je nach Buchungslage von 9.30 bis 19.30 Uhr. Laut Geschäftsführer Nicolas Papke hat das zuständige Grünflächenamt dafür eine Genehmigung erteilt. In den AGB von „Mister Neo“ heißt es allerdings, der Mieter selbst habe sich um „eventuelle Genehmigungen von Behörden“ zu kümmern.
Für Sara Lühmann ist die Lage klar: Da eine kommerzielle Nutzung öffentliche Grünflächen reduziere, würde eine solche nicht genehmigt werden, lautet ihre Auskunft. Sobald Veranstalter damit Geld verdienten – bezahltes Personal vor Ort sei ein Indikator dafür –, sei das rechtswidrig und könne ein Ordnungswidrigkeitsverfahren zur Folge haben. „Wir haben das noch nie genehmigt, und wir würden das auch nicht tun, so Lühmann. Berlins Grünflächen seien „ja sowieso schon übernutzt“.
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